AfD
Bayerischer Landtag: Stelldichein von IB-Aktivisten auf AfD-Einladung
Der bayerische Landtag werde durch Raumanmietungen der AfD-Fraktion zur „neofaschistischen Veranstaltungsstätte Nr. 1 in München“, so der Fachjournalist Robert Andreasch. Auf Einladung des extrem rechten “Info-Direkt”-Magazins durch einen AfD-Abgeordneten kamen auch zahlreiche Aktivisten der Identitären Bewegung in den Landtag. Und es gibt bereits Hinweise auf die nächste Veranstaltung.

Die frisch in den bayerischen Landtag gewählten völkischen AfD-Abgeordneten nutzen die Möglichkeiten des Mandats bereits vollumfänglich aus. Der Parlamentarier Franz Schmid, gleichzeitig Schatzmeister des vom Verfassungsschutz beobachteten Bundesverbandes der Jungen Alternative, lud am 15. Dezember Michael Scharfmüller vom extrem rechten Magazin „Info-Direkt“ in den Landtag ein. Schmid löse mit der Veranstaltung eine Zusage ein, „das patriotische Vorfeld aktiv zu unterstützen“, schrieb der umstrittene AfD-Mitarbeiter und gescheiterte Landtagskandidat Juri Kofner.
Mit dem „Vorfeld“ meinen Teile der AfD rassistische, teils offen gesichert rechtsextreme Organisationen, die den Boden für mehr Unterstützung bereiten sollen. Die Zusammenarbeit wird seit einiger Zeit – Verfassungsschutz hin, Unvereinbarkeitserklärungen her – offen gezeigt.
An den Grenzen zum Neonazismus
Michael Scharfmüller passt da gut ins Portfolio. Er war laut des „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstand“ (DÖW) Führungskader eines neonazistischen Zusammenschlusses „Bund freier Jugend“ und ist inzwischen Chefredakteur und laut DÖW Gesellschafter der Verlags-GmbH. Das Magazin lote die Grenzen zum Neonazismus aus. Elemente seien ein omnipräsenter Antisemitismus, Volksgemeinschaftsdünkel, teils offen vertretenes antidemokratisches Denken mit quasi-revolutionärem Impetus.
Die Veranstaltung im Maximilianeum im bayerischen Landtag zog auffallend viele Führungskader der Identitären Bewegung an, auch solche, gegen die aktuell ermittelt wird. Vor Ort war beispielsweise Annie Hunecke, Werbegesicht der Identitären Bewegung. Sie unterstützt aktiv auch das IB-nahe „Filmkunstkollekiv“ um Simon Kaupert. Bei einem früheren Gerichtsprozess spielte sie ihre Rolle herunter und kam glimpflich davon. Auf sie warten allerdings wahrscheinlich bereits neue Verfahren:
Sie war Teil der Gruppe, die die Dragqueen-Lesung in Bogenhausen stören wollte. Die Polizei ermittelt hier wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch. Zudem war sie Betroffene der länderübergreifenden Durchsuchungsmaßnahmen nach einer Aktion der IB und der schweizerischen „Jungen Tat“ gegen eine Geflüchtetenunterkunft in Peutenhausen, die die Bewohner in Angst und Schrecken versetzt hat. Das Schicksal teilt Hunecke mit einem weiteren Teilnehmer der Veranstaltung von Schmid, dem Schwaben Michael Seibold. Beide warben mit ihrem Gesicht um finanzielle Unterstützung für die Verteidigung. Die anvisierten 25.000 Euro kamen allerdings nicht durch Graswurzelunterstützung, sondern vor allem durch drei Großspenden, u.a. von der rechtsextremen Plattform „Ein Prozent“, zusammen.
Besucher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz
Die IB in Schwaben vertrat jüngst auch Marius Keipp bei einer Veranstaltung mit Franz Schmid im Hausprojekt der österreichischen Identitären in Styregg bei Linz. Er war trotz längerer Anfahrt ebenso zu Gast im Landtag wie Steve Henschke, der als Verantwortlicher des „Castell Aurora“ genannten Hausprojektes auftritt und 2022 einen Scheck in Höhe von 5.000 Euro aus den Händen des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmid entgegennahm. Früher oftmals als Kopf bei Aktionen der IB Schwaben trat Robin M. in Erscheinung. Auch er fand den Weg in den Landtag.
Auf dem aus den Reihen der AfD veröffentlichten Fotos ist auch Stefan Truniger zu sehen. Der Schweizer, der ebenfalls schon im Info-Direkt Podcast auftrat und für diverse extrem rechte Publikationen veröffentlichte, schrieb nach der Veranstaltung im Landtag noch von einer gegen Israel gerichteten Versammlung im München unter dem Schlagwort „Bevölkerungsaustausch“. Auf seinem YouTube-Kanal findet sich ein Vortrag „Rechts-Zukunft durch Herkunft“ mit dem Who-is-who der Neuen Rechten als Quellen.
Nächster Gast: Benedikt Kaiser
Die Veranstaltung mit Scharfmüller soll laut dem Münchner a.i.d.a.-Archiv erst der Anfang gewesen sein. Als nächster Gast soll im Februar Benedikt Kaiser wieder im Landtag auftreten. Der Chemnitzer Publizist hatte seine politischen Anfänge bei den neonazistischen „Nationalen Sozialisten Chemnitz“, wandte sich dann danach der Neuen Rechten um Götz Kubitschek zu und war als Autor und Lektor in dessen Verlagsgebilde tätig. Laut „Welt“ soll der AfD-Abgeordnete Jürgen Pohl Kaiser als Mitarbeiter eingestellt haben, wodurch er ein Büro in den Gebäuden des Bundestages habe.
Während die Lesung mit Scharfmüller lediglich etwa 20 Teilnehmer anzog und mit nur drei Frauen einen deutlichen Männerüberschuss hatte, plant die AfD für den Termin im Februar offenbar größer. Nach Informationen von ENDSTATION RECHTS. sind für den Abend die repräsentativen Säle auf der Plenarebene, wie etwa der Senatssaal, für die AfD gebucht, was damit einer dreistelligen Teilnehmendenzahl gut Platz bieten würde. Ob ausschließlich für den Termin mit Kaiser ist allerdings unwahrscheinlich
Die Landtagsverwaltung habe auf Basis der geltenden Hausordnung keinerlei Möglichkeit gesehen, die Einladung von extrem rechten Kadern zu unterbinden, teilte der Landtag auf Anfrage mit. Erst bei Verstößen wäre ein Einschreiten möglich gewesen. Allerdings plane die CSU-Landtagspräsidentin Ilse Aigner eine Überarbeitung des Regelwerks. Einem Fotografen im Vorraum wurden nach dessen Angaben Beamte zum Schutz abgestellt. Zu Vorfällen wie bei einer früheren Burschenschafter-Veranstaltung in der Landtagsgaststätte, an der Franz Schmid noch als Referent teilgenommen hatte, kam es nach Erkenntnissen von ENDSTATION RECHTS. nicht. Auch auf die schon fast obligatorischen White-Power-Gesten soll das mit Identitären und Rassisten durchsetzte Publikum an dem Abend verzichtet haben.