„Autorität“, „Elite“, „Gliederung“ – wie man in der Neuen Rechten das „rechte“ politische Selbstverständnis definiert

Er gilt in der „Jungen Freiheit“ als Kopf der Neuen Rechten: Karlheinz Weißmann. Sein jüngstes Buch will die „Rechts oder links“-Unterscheidung thematisieren, beschwört aber primär „Autorität“, „Elite“, „Gliederung“ oder „Hierarchie“ als Tugenden. 

Freitag, 01. August 2025
Armin Pfahl-Traughber
Karl-Heinz Weißmann, hier im Gespräch mit der "Jungen Freiheit", Foto: Screenshot
Karl-Heinz Weißmann, hier im Gespräch mit der "Jungen Freiheit", Foto: Screenshot

Macht eine Differenzierung von politisch links und rechts noch Sinn? Wie angemessen ist eine solche Unterscheidung? Derartige Fragen werden immer wieder kontrovers diskutiert, meist endend mit einer bejahenden Zustimmung. Dabei kann es für die Beibehaltung einer solchen Differenzierung unterschiedliche Gründe geben, was eine neue Publikation zum Thema veranschaulicht. „Rechts oder links. Von der Notwendigkeit politischer Unterscheidung“ lautet der Titel, Karlheinz Weißmann ist ihr Verfasser. 

Der Autor gilt als einer der Köpfe der Neuen Rechten, hat indessen schon vor Jahren mit dem Kreis um Götz Kubitschek in Schnellroda gebrochen. Die Gründe dafür waren wohl eher persönlicher und strategischer Natur, denn weiterhin ist er in der „Jungen Freiheit“ ein Stammautor. Sein genanntes Buch erschien auch in deren Verlag. In Anzeigen wirbt man für ein wichtiges Grundlagenwerk zum Thema. Doch wie steht es um die dort entfalteten Gründe und die jeweiligen Merkmale für die genannten politischen Richtungen?

Keine inhaltliche Konzentration und formale Stringenz

Am Einleitungsende schreibt Weißmann dazu: „Sie werden in diesem Buch auf ihre Aussagekraft und Tragfähigkeit geprüft“. Bei einer solchen Ankündigung darf man eigentlich eine systematische Erörterung erwarten, indessen geht es dann in den folgenden über 200 Textseiten inhaltlich immer wieder durcheinander. Die Ausführungen sind eher essayistisch im Feuilletonstil gehalten, inhaltliche Konzentration und formale Stringenz vermisst man. Mitunter entsteht gar bei genauem Blick der Eindruck, hier wurden „liegengebliebene“ Fragmente in einen neuen Textkorpus integriert. 

Da berichtet der Autor mal von früheren FAZ-Kontroversen, mal kritisiert er eine Monographie von Steinmeier, mal wird an Paretos Residuen-Verständnis erinnert. Auch die  dem 19. und 20. Jahrhundert gewidmeten Kapitel scheinen ursprünglich in einem anderen Kontext entstanden zu sein – oder es ging bei deren Abfassung das eigentlich Kernanliegen bei der Niederschrift verloren. Der faschistische Totalitarismus gilt dabei etwa als „Weder links noch rechts“. 

„Autorität“, „Eliten“, „Gliederung“, „Hierarchie“

Zur eigentlichen Fragestellung positioniert sich Weißmann erst sehr spät: Dabei greift der Autor ein zuvor (gegenüber Norberto Bobbio) verworfenes zentrales Unterscheidungsmerkmal auf: die Einstellung zu sozialer Gleichheit: „Aus rechter Perspektive fehlt einer auf Egalität beruhenden Form des Zusammenlebens das Entscheidende. Gliederung, Treuepflicht und Autorität, wobei letztere ‚das stabilste Element‘ aller menschlichen Verfassung bildet.“ Und weiter heißt es ebendort: „Das vorausgesetzt, erklärt sich die Präferenz der Rechten für Hierarchie und Eliten, den Staat überhaupt und die Gelassenheit mit der sie die ‚ewige Wanderung aller Inhalte von links nach rechts‘ zur Kenntnis nimmt.“.
 
Die Darstellung mündet dann in folgendem Satz: „Daher rührt die Wertschätzung der Rechten für die Erfahrung gerade für die zur Tradition gewordene – und das, was man gemeinhin ‚gesunden Menschenverstand‘ nennt“. Hieraus entstehe auch die Ablehnung gegenüber „dem linken Lustprinzip“. 

Desinteresse an Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit 

Abschließend und zustimmend heißt es dann bezogen auf eine Aussage des früheren FAZ-Journalisten Joachim C. Fest im Schlusskapitel bei Weißmann: „‘Die Wirklichkeit ist immer rechts‘“. So einfach kann man sich die Begründung der eigenen Positionen machen, die selektive Berufung auf etwas Existentes reicht letztendlich aus. Derartige Auffassungen erlauben willkürliche Herrschaftslegitimationen, zumal eben keine sonstigen Grundprinzipien für das soziale Miteinander erwähnt werden.

„Autorität“, „Elite“, „Gliederung“ oder „Hierarchie“ gelten für das politische Selbstverständnis als die relevanten Stichworte. Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit kommen hier bei Weißmann noch nicht einmal als Worte vor. Dabei kann eine auf derartigen Grundprinzipien bestehende demokratische Rechte existieren, was aber bezogen auf die behandelte Erörterung einer politischen Unterscheidung nicht thematisiert wird. Dies dürfte auch an einem Desinteresse gegenüber solchen Prinzipien liegen. 

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