Antisemitischer Verschwörungsfanatiker

Der in München vor Gericht stehende Holocaust-Leugner Alfred Schaefer gibt im Gerichtssaal seine rassistische Weltsicht zum Besten.

Mittwoch, 22. August 2018
Sebastian Lipp

Eigentlich sollte das Urteil im Verfahren gegen Alfred Schaefer und seine Schwester Monika vergangenen Freitag bereits gefallen sein. Doch der notorische Holocaust-Leugner glaubt, er könne die Richter am Münchner Landgericht aufklären und von der Wahrheit seiner Weltanschauung überzeugen, wenn er nur lange genug argumentiere. Mit seinen Erklärungen bewegt der Rechtsextremist sich auch vor Gericht immer wieder bis weit in den Bereich der strafbaren Volksverhetzung hinein.

Mondlandung, Kennedy, 9/11, der Kalte Krieg – selbst die Existenz kommunistischer und kapitalistischer Staaten überhaupt. Das gesamte Weltgeschehen stellt Alfred Schaefer, wie bnr.de berichtete, als Ergebnis eines Komplotts „des Juden an sich oder „der Juden dar, die er häufig als „Parasiten bezeichnet. Im Mittelpunkt von Schaefers Verschwörungsglauben steht der Holocaust, den er als gigantische „Gehirnwäsche verstanden wissen will, die dazu diene, die westliche Welt gefügig zu machen. Am Ende der vermeintlichen allumfassenden Verschwörung stehe als Endziel die „Vernichtung der weißen Rasse, phantasiert Schaefer.

Verschwörung gegen Weiße beweisen

Und er macht vor Gericht weiter: Es entstand der unzutreffende Eindruck, die Sachen für die er angeklagt wurde, seien lediglich seiner Phantasie entsprungen und hätten keinen Bezug zur Wirklichkeit, heißt es in dem Antrag, den Schaefer am Freitag im Gerichtssaal verlas. Er wolle diese auf Vernichtung ausgerichtete Verschwörung gegen Weiße beweisen. Als vermeintlichen Beleg führt Schaefer ausgerechnet den Historiker Noel Ignatiev an, der für seine antirassistischen Arbeiten bekannt ist. Der Sohn jüdischer Immigranten aus Russland habe mehrfach öffentlich die Abschaffung der weißen Rasse propagiert und sei Mitgründer einer Zeitschrift, die die Idee vertrete, dass Verrat am Weißen Loyalität an der Menschheit sei. Der englische Muttersprachler Schaefer allerdings versteht den von Ignatiev stets verwendeten Begriff whiteness gemäß seiner eigenen rassistisch geprägten Weltsicht biologisch und unterstellt einen Hass gegen Weiße.

Einer solchen Interpretation seiner Arbeit hat Ignatiev bereits vor Jahren widersprochen. Schaefer zitiert das Schreiben, nach dem Ignatiev Weißsein nicht als biologische, sondern als soziale Kategorie versteht. Die Kritik des Historikers richtet sich gegen gesellschaftliche Mechanismen, die den sozialen Status und die Verteilung von Privilegien und Benachteiligungen einer Person mit deren Herkunft verknüpfen. Man wolle nicht Menschen mit heller Haut auslöschen, sondern die soziale Bedeutung der Hautfarbe und damit die weiße Rasse als soziale Kategorie abschaffen. Ähnlich wie die Gegnerschaft zu monarchistischen Systemen die Abschaffung von Kronen, Thronen, Titeln und den damit verbundenen Privilegien und nicht die Tötung des Königs bedeute. So eindeutig diese Erklärung Ignatievs Schaefers These widerlegt, so klar begreift sie der unverbesserliche Antisemit als Bestätigung seines Glaubens, Opfer einer vermeintlichen jüdischen Weltverschwörung zu sein.

Zum Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens angestachelt

Seit Anfang Juli nimmt das Münchner Landgericht die von Schaefer produzierten teils über eine Stunde dauernden Videos öffentlich in Augenschein und nimmt die Erklärungen des inbrünstigen Holocaust-Leugners zur Kenntnis. Rund zwei Dutzend begeisterte Fans verfolgen regelmäßig, wie Alfred Schaefer vor Gericht seine perfide antisemitische Weltsicht wiedergibt, die nicht trotz sondern wegen Auschwitz im Vernichtungswahn gipfelt.

Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen Alfred Schaefer erhoben, nachdem er im Internet mit einer Vielzahl von Videoclips die Shoa in Abrede stellte und die Opfer des nationalsozialistischen Terroregimes zu Tätern macht. Damit habe er die Bevölkerung zum Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens angestachelt. Teile der Anklage betreffen auch seine Schwester Monika Schaefer, die in manchen Videos selbst aufgetreten ist, um den Holocaust zu verleugnen. Beide Geschwister befinden sich in Untersuchungshaft. Mit einem Urteil ist nicht vor Mitte September zu rechnen.

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