„Antisemiten aus Tradition“

160 Neonazis und Hools marschieren am 1. Mai durch Duisburg. Angemeldet war die Kundgebung von der Minipartei „Die Rechte“.

Donnerstag, 02. Mai 2019
Jennifer Marken

Nach der mickrigen Demonstration in Wuppertal wollte die Neonazi-Partei „Die Rechte“ (DR) zum 1. Mai in Duisburg in deutlicherer Weise ihren einschüchternden Antisemitismus öffentlich zelebrieren. Eine größere Mobilisierung gelang ihr, zehn Jahre nach ihrem Sturm auf die Dortmunder 1. Mai Kundgebung mit damals 300 Neonazis, (bnr.de berichtete) aber erneut nicht. Obwohl sie diesmal den größten Teil ihrer neonazistischen „Prominenz“ aufgefahren hatten, darunter den Hildesheimer Dieter Riefling sowie das niederländisch Hitler-Imitat Stefan Wijkamp. Auch der hafterfahrene Robin S., Briefpartner von Beate Zschäpe, war da und trug ein Transparent, verhielt sich ansonsten diesmal unauffällig. Dafür trug er auf seinem Pulli das Symbol der weiterhin in NRW präsenten neonazistischen Gruppierung „Combat 18“. (bnr.de berichtete)

„Alles für Volk, Rasse und Nation“

In Duisburg kamen erneut lediglich 160 diszipliniert marschierende Neoazis zusammen. Und das, obwohl die verschiedentlich schon als aufgelöst vermeldete Hooligan-Truppe „Gemeinsam Stark Deutschland“, 2015 aufgebaut von Dominik R. und dem im September 2018 durch Suizid aus dem Leben geschiedenen Neonazi Marcel K., gleichfalls zur Teilnahme getrommelt hatte. Um an ihrem vulgären, öffentlich inszenierten Judenhass keinen Zweifel aufkommen zu lassen warb die Neonazi-Partei zum 1. Mai mit einem roten Werbeplakat mit der Losung „Deutsche heraus“ sowie dem Untertitel „Antisemiten aus Tradition“.

Beim Marsch bemühte man sich, nicht offen verfassungsfeindliche Symbole zu zeigen. Zuvor waren die Auflagen mit den verbotenen Kundgebungsparolen verlesen worden. Während des dreistündigen, militärisch anmutenden Marsches und der zwei Kundgebungen wurde dennoch immer wieder gegen diese Auflagen verstoßen, ohne dass dies von der sehr zahlreich – sogar mit Wasserwerfern und Helikopter – präsenten Polizei beanstandet wurde. Immer wieder brüllten die Neonazis Parolen wie „Frei, sozial und national“, Wer Deutschland nicht liebt soll Deutschland verlassen“, „Kriminelle Ausländer – raus, raus, raus“, „Hier marschiert der nationale Widerstand“, „Nationaler Sozialismus“, „1. Mai – seit `33 arbeitsfrei“, „Nieder mit der roten Pest“ sowie „Alles für Volk, Rasse und Nation“. Optisch dominierten großflächige Transparente zu der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Haverbeck-Wetzel, vom Duisburger DR-Kreisverband, von der „Kameradschaft Zweibrücken“ („Die Bombe fürs System!“) sowie der „Kameradschaft Rheinhessen“.

„Ein krankes politisches System ausmerzen“

Bei den Reden dominierten offen antisemitische und die Demokratie vulgär verächtlich machende Kampfansagen.

Der aus Bergisch Gladbach gebürtige Dortmunder Neonazi Michael Brück bezeichnete auf dem Demoweg mit Mikrofon Duisburg als Symbol für „ein krankes politisches System, das wir restlos bekämpfen und ausmerzen wollen“. Der Dortmunder Matthias Deyda sprach von „dieser Bewegung, mit der wir uns im Geiste verbunden fühlen“; diese sei „auch heute noch in der Lage (…) das deutsche Volk von dem Joch fremder Besatzer zu befreien“.

Eine offen nationalsozialistische Rede – wie bereits im Juni 2018 in Wuppertal – hielt der Düsseldorfer Neonazi Manfred Breidbach. Der war früher stellvertretender Parteivorsitzender der NPD in Düsseldorf. Selbst dem damaligen NPD-Chef Holger Apfel waren Breidbachs primitive antisemitische Kampfreden so unangenehm, dass er 2011 dessen Rauswurf forderte. 2013 trat Breidbach dann der „Rechten bei. Breidbach hetzte am gestrigen Mittwoch gegen eine „internationalistische Krake, welche hinter allem steht“. Diese dürfe man, so beklagte er, ja nicht mehr beim Namen nennen; sie sei heute „weltweit ein Schimpfwort“. Jeder wisse aber auch so, „welcher alte Parasit damit gemeint ist.“

„Damals wie heute, Hitler-Leute“

Der Neonazi munkelte von „der Bewegung, mit der wir uns geistig verbunden fühlen“. Das „deutsche Volk“ werde sich „aus dem Joch fremder Besetzer befreien“. Sie seien als „Volksgenossen“ „mit unseren Großvätern im Geiste vereint“. Deutschland gehöre den Deutschen – und wenn sie nach der Wahl an die Macht kämen „fliegen andere heim.“ Die Parlamente seien, so Breidbach, „Quasselbuden“ – aber es dauere nicht mehr lange, „bis die Mehrheit erwacht.“ Die aufgebehrenden Massen würden dann aufgefordert, wie es in einem alten Lied heiße: „In die Parlamente schmeißt die Handgranaten rein.“ Dies kam bei den anwesenden Neonazis gut an. In ihren Herzen seien sie, so brüllte der Antisemit Manfred Breidbach „damals wie heute, Hitler-Leute.“ Auch diese militante Kampfrede blieb polizeilich unbeanstandet. Dafür erhielt er viel Beifall von den 160 Neonazis.

Christian Worch, „Die Rechte“-Gründer und langjähriger Neonazi-Aktivist, vermochte nach dieser Rede nichts mehr draufzulegen. Er dozierte minutenlang über „die Apfelschnecke“, seine Rede blieb wirr und sinnfrei. In Duisburg warf sich der 63-jährige Neonazi bereits vor Demobeginn vor das Dortmunder Demoauto in Pose, um medial überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Worch und die erneut mit Krückstock auftretende 65-jährige Nazi-Ikone Siegfried Borchardt werden von den jungen Neonazis schon lange nicht mehr ernstgenommen. Sie werden geduldet als peinliche, betagte Relikte. Mehr nicht.

„Diese gesamte Republik gehört auf den Scheiterhaufen“

So blieb es an dem Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda, noch eine weitere hetzerische Rede zu halten. Der langgediente „Freie Aktivist“ und „Rechte“-Funktionär Skoda sprach von der „volksfeindlichen Politik“: Das Volk sei nicht mehr bereit, diesen „Verfallserscheinungen“ tatenlos zuzuschauen. Diese gesamte Republik gehöre „auf den Scheiterhaufen.“ Das deutsche Volk „als biologische Substanz“ sei lange „nicht angegriffen“ gewesen. Heute gebe es, so Skoda, „zu viele Fremde“, das sei ein „Treibstoff“. Der IT-Spezialist sprach von „Volksverrätern“, forderte einen „systematischen Abfluss all der fremden Menschen“. Erneut kokettierte Skoda mit seiner „Verachtung für diese Republik“. Wenn man ihnen nun vorwerfe, sie würden den Holocaust leugnen, so würden sie „aber auch nicht widersprechen.“ „Wir sind keine Demokraten“, brüllte Skoda den 160 anwesenden Neonazis und Hools zu.

Am 25. Mai, einen Tag vor der Europawahl, marschiert „Die Rechte“ ein weiteres Mal auf, dann in „ihrem“ Nazikiez Dortmund.

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