Rezension

Antaios-Verlag: Roman-Reihe statt programmatische Schriften

Der Verlag Antaios, der zum „Institut für Staatspolitik“-Komplex und damit zur Neuen Rechten zählt, hat eine neue Roman-Reihe herausgegeben. Die Anhänger sollen sich offenbar mehr an literarischen Botschaften und weniger anhand einer eigenen politischen Theorie erfreuen. Bemerkenswert sind dabei gleichwohl die politischen Hintergründe der gedruckten Verfasser.

Dienstag, 13. Juni 2023
Armin Pfahl-Traughber
„Kulturrevolution von rechts“ - ein Thema, das der neurechte Verlag immer wieder bedient.
„Kulturrevolution von rechts“ - ein Thema, das der neurechte Verlag immer wieder bedient.

Im Verlag Antaios, der zum Institut für Staatspolitik-Komplex der Neuen Rechten gehört, wird eine Roman-Reihe angekündigt. Dort sollen fünf Bücher erscheinen, welche Leser abonnieren können. Die beiden ersten Ausgaben erschienen bereits: Hubert E. Gilbert „Laternenpfähle warten“ und Albert Wass „Gebt mir meine Berge zurück!“. Damit will man in Deutschland bislang kaum bekannte oder verschollene Romane wieder zugänglich machen. Die Entscheidung lässt sich aber auch verwundert zur Kenntnis nehmen, müssten doch eher programmatische Schriften das Verlagsprogramm prägen.

Immer noch erschien kein Grundlagenwerk, worin die eigene Ideologie bilanzierend und systematisch vorgetragen wird. Die bisherigen Buchpublikationen bleiben meist bei einzelnen Schlagworten stehen, wozu etwa „Ethnie“, „Geschichte“ „Kultur“, oder „Natur“ zählen. So hat die Neue Rechte immer noch keine eigene politische Theorie entwickeln können. In der „Kulturrevolution von rechts“ sieht man aber nach wie vor die gültige Strategie. Und in diesem Kontext darf wohl ebenso die angekündigte Roman-Reihe gesehen werden.

„Laternenpfähle warten“

Das erstgenannte Buch stammt von Hubert E. Gilbert (1889-1944), der darin eine autobiographische Dimension in eine literarische Handlung integrierte. Geschildert werden Erfahrungen der Hauptfigur Heinrich Strieder, der 1923 nach Deutschland von Sibirien aus reiste und dorthin am Romanende 1925 zurückkehrt. Erik Lehnert, der Geschäftsführer des „Instituts für Staatspolitik“, hat dazu ein bemerkenswertes Nachwort beigesteuert. Es beginnt mit folgendem Satz: „Der Titel des Buches ist eine unverhohlene Drohung. ‚Laternenpfähle warten‘ bedeutet, daß eines Tages abgerechnet und dabei kein ordentliches Gericht tagen werde“.
 
Es bleibt offen, was damit genau gemeint sein soll. Dies gilt letztendlich auch für die Romanhandlung, die eben hier nicht zu bestimmten Zuspitzungen führt. In der Ankündigung heißt es: „Das alles ist Temperaturerhöhung in Buchform, ein literarisches Hochjagen des Motors.“ Davon kann angesichts von eher trägen Beschreibungen wohl schwerlich gesprochen werden. Immerhin habe sich Ernst Jünger, so die Antaios-Ankündigung, bei einer literarischen Figur von Gilbert anregen lassen.

„Gebt mir meine Berge zurück“

Beim zweiten Roman „Gebt mir meine Berge zurück“ ist eher der Verfasser Albert Wass (1908-1998) wichtig. In Deutschland ist er kaum, in Ungarn aber überaus bekannt. Was bei der Ankündigung zum Roman nicht thematisiert wird, sind seine antisemitischen und nationalistischen Neigungen. Ihm wurde auch die Erschießung von zivilen Gefangenen im Zweiten Weltkrieg vorgeworfen, ein darauf bezogenes Todesurteil indessen nicht vollstreckt.

Nach 1990 kam es zu einer Renaissance der Romane von Wass, fanden seine Bücher doch in Ungarn große Verbreitung. Antaios wirbt gar für seine Neuerscheinung mit dem Verweis: „Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán zählt Wass zu sein liebsten Autoren“. „Gebt mir meine Berge zurück!“ erschien erstmals 1949, wobei auch hier die Handlung mit einem jungen Hirten durch eine zentrale Person geprägt ist. In der ungarischen Armee kämpfte er im Krieg auf deutscher und demnach nationalsozialistischer Seite. Als „literarische Entdeckung“ und „apokalyptische Geschichte“ wird die Handlung vom Verlag gelobt: „Die Liebesgeschichte ist zart und wild, der Untergang ist jäh und grauenhaft.“

Verwechslung von Literatur und Staatslehre

Was motiviert nun das „Institut für Staatspolitik“ bzw. die Neue Rechte zu derartigen Veröffentlichungen? Spontan wird man bei Erörterungen zu dieser Frage an eine frühe Kritik erinnert, womit Götz Kubitschek durch seinen ehemaligen Mitstreiter Karlheinz Weißmann konfrontiert wurde. Um den Bruch mit dem Institut bzw. mit Kubitschek zu begründen, äußerte in einem „Junge Freiheit“-Interview 2015 denn auch Weißmann: „Kubitschek ist eigentlich kein politischer Kopf. … Da verwechselt jemand Literatur mit Staatslehre und Ästhetik mit Politik“.

Staatslehre ist auch kein Thema für Weißmann. Berechtigt spielt er indessen auf die Handlungs- und Provokationsfixierung an, welche Kubitschek mit seinem Rigorismus eigen ist. Aus dieser Blickrichtung wird dann auch das Kämpferische immer wieder beschworen. Mitunter reihen sich einschlägige kitschige Formulierungen auch in seine Kommentare in „Sezession“, womit eine derartige Grundhaltung eben die Publikation der erwähnten Romane mit erklärt. Deren bezeichnende Auswahl soll wohl auch eine inhaltliche Botschaft für die politische Gegenwart enthalten.

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