Vorwurf: Volksverhetzung und falsche Maskenatteste
Anklage gegen Querdenker-Arzt Bodo Schiffmann erhoben
Wie die Staatsanwaltschaft Heidelberg gestern mitteilte, hat sie ihre Ermittlungen „gegen ein Ärzteehepaar aus Sinsheim“ abgeschlossen und Anklage erhoben. Dabei handelt es sich um den bekannten Querdenker-Aktivsten Bodo Schiffmann und seine Frau.

Nur ausgewählte Fälle angeklagt
Die Strafverfolgungsbehörde wirft beiden vor, im größeren Stil inhaltlich falsche ärztliche Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt zu haben. So gingen Bescheinigungen an Personen, die bis zu 700 km von der Praxis entfernt wohnten. Die Staatsanwaltschaft geht deshalb und auch auf Basis ihrer Ermittlungen davon aus, dass den Attesten häufig keine persönliche ärztliche Untersuchung zugrunde lag. Sie sollen vielmehr auf schriftlichen oder telefonischen Zuruf verschickt worden sein.
Zur Anklage kommen 27 ausgewählte Fälle, zehn davon sind gegen Bodo Schiffmann gerichtet, für den Rest muss sich seine Frau verantworten.
Schiffsmanns Anwalt erklärte dagegen gegenüber t-online, alle Patienten seien begutachtet worden. Das Portal zitiert ihn siegesgewiss, von den Vorwürfen werde wenig übrig bleiben.
In Passau muss sich aktuell mit Roland Weikl ein anderer bekannter Querdenker-Mediziner ähnlichen Vorwürfen stellen.
Rückkehr nach Deutschland?
Bodo Schiffmann wird darüber hinaus vorgeworfen, den Holocaust verharmlost zu haben und zu unfriedlichen Aktionen gegen Regierung und Justiz aufgerufen zu haben.Laut Anklage verglich Schiffmann impfende Ärzte mit dem KZ-Arzt Josef Mengele. Quarantäne stellte er mit KZ-Haft gleich. Die Pressemitteilung spricht nur von zwei Videos, weshalb auf Schiffmann, der sich im Laufe der Pandemie deutlich radikalisierte, noch mehr rechtlicher Ärger nachkommen könnte. Der Arzt aus Sinsheim wurde schnell zu einem Wortführer der Querdenker-Szene. Mit anderen Aktivisten, darunter vor allem Samuel Eckert, tourte er in einem Bus durchs Land und hielt täglich Kundgebungen ab, die häufig direkt gestreamt wurden. Die nun angeklagten Vergleiche mit der NS-Zeit gehören zu den zentralen Narrativen der Szene insgesamt, mit dem Ziel, Vertreter der parlamentarischen Demokratie zu delegitimieren. Beliebt ist aktuell der Bezug auf den "Nürnberger Kodex".
Aufgefallen war Schiffmann auch mit einem Video, in dem er unter Tränen von Beweisen sprach, wonach Kinder wegen der Maskenpflicht verstorben seien. Keine dieser Geschichten erwies sich als wahr, sie hatten aber dennoch einen enorm radikalisierenden Einfluss auf die Anhänger. Seinem Telegram-Kanal folgen heute etwa 160.000 Abonnenten.
Schiffmann hat sich seit geraumer Zeit nach Tansania abgesetzt. Im Gespräch mit t-online deutete sein Rechtsbeistand Ivan Künnemann an, sein Mandant werde zum Prozess anwesend sein und sich der Justiz stellen. Auch die Staatsanwaltschaft geht momentan davon aus, dass das Ehepaar erscheint, weshalb es keinen Haftbefehl gibt, wie t-online schreibt.
Anklageerhebung war bereits Ende Januar 2022. Die Staatsanwaltschaft ging erst gestern an die Öffentlichkeit. Die Große Strafkammer muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden. Verhandlungstermine gibt es demnach noch nicht.