AfD-Papier
Angebliche Mäßigung als bloße Strategie
Aus der AfD werden für eine angebliche „Mäßigung“ jeweils Signale entsandt. Geleakte interne Bekundungen offenbaren das längerfristige strategische Interesse.
Aus der AfD heraus wird von einer Mäßigung gesprochen. Erste Ansätze dazu kamen ausgerechnet von Maximilian Krah, der noch als Europawahl-Spitzenkandidat ganz andere Orientierungen für die Partei vorgegeben hatte. Seinerzeit bekundete er, dass sich in Europa alle rechten Parteien mäßigen würden, während die AfD eben noch nie so rechts wie seinerzeit gewesen sei. Gleichwohl erhalte man immer mehr Stimmen bei Wahlen.
Auch in seinem Buch „Politik von rechts“ positionierte er sich mit einschlägiger Schärfe. Indessen kam es jüngst zu einem heftigen Konflikt mit Götz Kubitschek, eben seinem Verleger. Darin äußerte Krah: „Dieser Staat ist, wie er ist. Er passt nicht zudem, was unserer politischen Überzeugung entspricht, aber wir werden mit ihm auskommen müssen. (…) Wir werden ihn auch nicht absehbar austauschen können.“ Hatte er sich nun gemäßigt? Liest man die vorstehend zitierte Aussage genau, wird die strategische Dimension des Gesagten deutlich. Man würde gern mehr wollen, hält dies gegenwärtig aber nicht für realistisch.
Pöbelndes Agieren und neuer Verhaltenskodex
Eine ähnliche Einsicht dürfte auch den auf einer Klausurtagung vereinbarten Verhaltenskodex motiviert haben, welcher insbesondere für den Bundestag von der dortigen Fraktion der Partei vorgegeben werden sollte. Darin heißt es: „Die Mitglieder sind um ein geschlossenes und gemäßigtes Auftreten im Parlament bestrebt, um die politische Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Fraktion sicherzustellen.“ Pöbelndes Agieren hatte immer wieder zu einschlägigen Ordnungsrufen geführt. Deren Anzahl war in der letzten Legislaturperiode gar auf 135 gegenüber den 45 von der vorherigen Legislaturperiode gestiegen.
Erkennbar nutzten manche Abgeordnete ein derartiges Agieren, um daraus kurze Internetvideos zur Stimmungsmache zu produzieren. Doch wie erklären sich die erwähnten Änderungen, welche intern schon Verratsvorwürfe motivierten? Insbesondere Kubitischek zeigte sich über diese Linie empört, will er doch noch nicht einmal mehr das neue Buch von Krah veröffentlichen. Gar von einem „Feindzeugen“ war auf einmal die Rede.
Erkenntnisse aus einer geleakten Präsentation
Doch gibt es überhaupt Anzeichen für eine reale Mäßigung? Betrachtet man die Ausfälle im Bundestag, dann kann von einer solchen Entwicklung in der Gesamtschau schwerlich gesprochen werden. Die Angst vor einem Parteiverbot, worüber es eine öffentliche Diskussion von prominenten Kritikern gibt, dürfte gleichwohl nicht das zentrale Motiv für den formalen Wandel sein. Eine Antwort auf die gestellte Frage erlaubt wohl eher eine geleakte Präsentation, die in der Bundestagsfraktion mit Ergebnissen aus der Wahlforschung präsentiert wurde.
Folgende Erkenntnisse dürften auf der Führungsebene großes Interesse gefunden haben: 30,5 Prozent könnten sich in ihre Richtung eine Wahlentscheidung vorstellen, grundsätzlich gar nicht aber 56 Prozent der Wähler. 30 Prozent fänden gar eine Regierungsbeteiligung gut, aber 68 Prozent der Wähler gar nicht. Dies bedeutet für die AfD auch längerfristig, dass man zwar Erfolge von bis zu 30 Prozent erzielen, aber nicht allein eine Mehrheit für eine Regierung erhalten kann.
Lagerbildung vorantreiben als Machtstrategie
Dies dürfte längerfristig gesehen nur mit Hilfe der Union möglich sein, woraus sich für die bisherige „Brandmauer“ deren nötiger „Einsturz“ ergibt. Man will die „Akzeptanz der AfD“ erhöhen und „Schwarz-Rot spalten“. Es gelte die „kulturelle Polarisierung“ voranzutreiben, was dann zur „Lagerbildung in der Wählerschaft: Bürgerlich-konservativ vs. Linksradikal“ führen würde, woraus sich wiederum ergebe „SPD und Grüne verlieren an Profil und müssen nach links rücken“.
Erkennbar will man die CDU/CSU zeitweilig als Koalitionspartner gewinnen, aber eben primär, um an die Macht zu kommen, um dann umso einfacher beiden Parteien wieder Wähler abwerben zu können. „Der CDU/CSU ihren Markenkern streitig machen“, lautet nicht zufällig ein Motto. Man mag dies aus moralischen Gründen für ein zynisches Kalkül halten, als potentielle Machtoption wäre das kein unrealistisches Vorgehen. Die erwähnte Bekundung von „Mäßigungen“ muss als Option in diesem besonderen Zusammenhang gesehen werden.