Alljährlicher „Trauermarsch“ in Demmin

Den jährlichen Pflichttermin in Demmin zum 8. Mai spielten in diesem Jahr bis zu 200 Neonazis routiniert ab. Empfangen wurden sie mit Konfetti und Trillerpfeifen von Gegendemonstranten entlang der Route, die den Tag der Befreiung als Anlass für eine Straßenparty nahmen.

Mittwoch, 09. Mai 2018
Rike Schröder

Auch in diesem Jahr rief die NPD wieder zum Trauermarsch am 8. Mai in Demmin auf. Erneut instrumentalisierten sie den selbst gewählten Freitod mehrerer hundert Demminer, als 1945 die Rote Armee sich den Stadttoren näherte. Bis zu 200 Neonazis waren dem Aufruf der NPD gefolgt.  Rund 20 Prozent der Teilnehmer bestanden aus Anwohnern Demmins.  

Vorwiegend reisten die Trauergäste aus der Region Vorpommern an. Neben Mitgliedern Freier Kameradschaften, unter anderem dem „Kameradschaftsbund Anklam“, nahmen NPD-Prominenz David Petereit, Stefan Köster oder Michael  Andrejewski sowie der Mitbegründer der sich selbst aufgelösten  „Europäischen Aktion“ Bernhard Schaub teil. Auch eine kleine Gruppe  aus Nordwestmecklenburg, bestehend aus dem Umfeld des „Freundeskreises Thinghaus“ sowie der „Dorfgemeinschaft Jamel“, fand sich ein.  

Konfetti-Kanonen auf den Trauerzug

Auffällig war die Abwesenheit des ehemaligen  NPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Mecklenburg-Vorpommerns Udo Pastörs, dem NPDler Andreas Theißen oder der Vorsitzenden der  NPD-Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“ Antje Mentzel.  Ebenfalls verzichtete man in diesem Jahr auf Laienschauspieler, die sich als  Vertriebene verkleidet hatten. Routiniert und in geordneten,  abgezählten Reihen nahmen die Neonazis Stellung auf, sodass der  Aufmarsch überpünktlich begann.

Schon Stunden, bevor sich die Neonazis für ihren Trauermarsch trafen, begannen die Gegenaktionen des Bündnisses Demmin Nazifrei. Sie nahmen den 8. Mai, den Tag der Befreiung, als Anlass zum Feiern. Den Auftakt machten mehrere Bands, darunter die prominente „Feine Sahne Fischfilet“, die am Hafen die  Gegendemonstranten mit einem Konzert in Stimmung brachten. An dem sich anschließenden Stadtspaziergang nahmen rund 700 Demonstranten  

teil. Entlang der gesamten Nazi-Route waren zahlreiche kleinere Kundgebungen angemeldet. Bereits wenige Meter nach dem Auftaktkundgebungsort des Trauermarsches wurden die Neonazis mit Party-Musik begrüßt. Die bunte Menge an der Gegenkundgebung jubelte und feuerte Konfetti-Kanonen in Richtung des braunen „Trauermarsches“ ab, sodass der Zug zeitweise in bunte Papierschnipsel gehüllt war.

David Petereit als Redner

Höhepunkt des Trauerzuges war, wie jedes Jahr, die Kranzniederlegung an der Peene. Theatralisch stellten sich die Neonazis am Hafen im Kreis auf.  Mit Feuerschalen und Fahnen wurde das entsprechende Ambiente für die Trauerrede geschaffen. David Petereit übernahm in diesem Jahr die Aufgabe des Redners und berichtete sowie bewertete die Geschehnisse gegen Kriegsende in Demmin aus seiner Sicht.

Währenddessen spielte eine lokale Band auf Seiten des Gegenprotestes in Hörweite. Zusätzlich zündeten Unbekannte auf der gegenüberliegenden Uferseite ein Feuerwerk. Bei so viel Feierstimmung konnte nicht jeder Neonazi seine eingeübte Trauermiene aufsetzen. Auf Fackeln, die sonst immer im Anschluss an die Kranzniederlegung entzündet wurden, wurde in diesem  Jahr verzichtet. Man zog es vor, den Pflichttermin hinter sich zu bringen und ging etwas schnellerenSchrittes ein letztes Mal an dem feiernden Party-Volk vorbei.

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