„Putins Einflüsterer“?

Alexander Dugin als Putins Vordenker?

Mitunter wird in Alexander Dugin, einem rechtsextremistischen russischen Philosophen, Putins Vordenker gesehen. Zwar gibt es gewisse Gemeinsamkeiten mit dem Präsidenten, aber kaum Belege für eine direkte Einflussnahme. Auffällig sind aber Dugins politische Klassiker, sind sie doch auch die politischen Klassiker der Neuen Rechten.

Dienstag, 08. März 2022
Armin Pfahl-Traughber
Aktuell wird viel über Dugins möglichen Einfluss auf Putin diskutiert. Foto: Mehdi Bolourian|Farsnews, CC BY 4.0
Aktuell wird viel über Dugins möglichen Einfluss auf Putin diskutiert. Foto: Mehdi Bolourian|Farsnews, CC BY 4.0

Bereits vor Jahren wurde er als „Putins Einflüsterer“ („Frankfurter Allgemeine Zeitung“) oder als „Putins Hirn“ („Foreign Affairs“) bezeichnet: Alexander Geljewitsch Dugin, ein russischer Philosoph und Publizist, der auch im europäischen Rechtsextremismus bekannt ist. Seine imperialen Auffassungen zu Russland und seine Positionen zur Ukraine scheinen dies zu bestätigen, was eine erneute mediale Aufmerksamkeit für Dugin aufgrund von Russlands völkerrechtswidrigem Überfall erklärt.

Gleichwohl machen es sich viele Betrachter ein wenig zu einfach, wenn zwischen Dugin eine gerade Linie hin zu Putin gezogen wird. Bestimmte Gemeinsamkeiten machen aber ein kritisches Interesse für den russischen Philosophen notwendig. Über ihn kursieren aber nicht nur viele Aussagen, sondern auch viele Informationen, die nicht immer deckungsgleich sind. Mitunter erklärt sich dies durch seine absonderlichen Gedankenführungen, mitunter mangelt es an tatsächlich abgesichertem Wissen. Einige gut belegbare Aussagen zu Dugin kann man gleichwohl machen:

Engagement in rechtsextremistischen Organisationen

Geboren wurde der kommende Begründer eines „Neo-Eurasismus“ und einer „Vierten Politischen Theorie“ 1962. Weder in der Schule noch im Studium fiel er durch besonderes intellektuelles Vermögen auf. Politisch engagierte sich Dugin ab den 1980er Jahren in diversen rechtsextremistischen Organisationen, wozu etwa die antisemitisch-nationalistische „Pamjat“, aber auch die neonazistische „Russische Nationale Einheit“ oder die „Nationalbolschewistische Partei Russlands“ zählten. Parallel dazu begann die intensive Lektüre von Schriften, die auch für den europäischen intellektuellen Rechtsextremismus von großer Relevanz waren und sind.

Dazu gehörten etwa die Denker der deutschen Konservativen Revolution, hierbei insbesondere der Staatsrechtler Carl Schmitt. Über Martin Heidegger entstand sogar eine eigene Monographie. Beide gehörten nicht zufällig zu den „Märzgefallenen“, die schon am 1. März 1933 in die NSDAP eintraten. Auch Julius Evola, ein Esoteriker, der Mussolini von rechts kritisierte, zählte zum Klassikerrepertoire.

„Neo-Eurasismus“ und „vierte politische Theorie“

Und dann fanden auch die Autoren der Geopolitik, hier insbesondere Karl Haushofer, intensive Wahrnehmung. Gerade aus deren Gedankengebäude entstand der „Neo-Eurasismus“, entsprechend der Bezeichnung eine Erweiterung einer früheren Strömung. Bedeutsam ist bei Dugin, dass er von einer notwendigen Einheit des asiatischen und europäischen Raums ausgeht, wobei dieser unter der politischen Führung von Russland stehe und gegen die USA als politischer Westen gerichtet sei.

Als erste reale Ansätze in diese Richtung wurde gefordert, Georgien ebenso in ein neues Russland einzugemeinden wie die Ukraine. Aus diesen Auffassungen heraus wird gern der Einfluss auf Putin abgeleitet, indessen kursieren solche Modelle noch in anderen politischen Zusammenhängen. Und dann strebt Dugin gegen Faschismus, Liberalismus und Marxismus eine „vierte politische Theorie“ an, die Elemente eines russischen Neofaschismus enthält. Demokratie und Individualität sollen negiert, eine neue Gemeinschaft mit neuem Zaren eingefordert werden.

Kontakte in den europäischen Rechtsextremismus

Dugin fand mit solchen Ideen zwar nicht unter Intellektuellen und Wissenschaftlern größere Zustimmung. Gleichwohl konnte er Einfluss auf russische Politiker entfalten. Indessen gibt es keine genauen Belege dafür, dass auch Putin dazu gehört. Indessen konnte Dugin etwa Einfluss auf den Parlamentspräsidenten nehmen. Man darf solche Einflüsse aber wohl nicht überschätzten, wie dies auch etwa in den einleitend zitierten Qualitätsmedien geschieht. Eher beeinflussten andere geistige und politische Entwicklungen dann wohl den Philosophen wie den Politiker. Andere Kontakte bestehen in europäische Länder und dort in das rechtsextremistische Spektrum hinein.

Der Bonus-Verlag brachte seine Bücher in deutscher Übersetzung, das „Compact-Magazin“ Interviews und Redebeiträge. Dugin beruft sich auch auf ähnliche Klassiker wie die Neue Rechte. Gleichwohl ist er dort aufgrund der absonderlich wirkenden Gedankenführung weniger geschätzt. Sein letztes Buch hatte übrigens „Das große Erwachen gegen den Great Reset. Trumpisten gegen Globalisten“ als Titel.

 

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