Aktive „Sektion Baden“
„Blood&Honour“-Strukturen in Deutschland fortgeführt – Prozessauftakt gegen „Rädelsführer“ in Karlsruhe.
Vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe hat am 2. Februar eine Prozessreihe wegen Fortführung der in Deutschland verbotenen „Blood&Honour“-Organisation begonnen. Hauptangeklagter in der ersten Verhandlung ist der 38-jährige Hartwin Kalmus, der viele Jahre lang Rechtsrock-Produktionen und Neonazi-Konzerte weit über seine Karlsruher Heimatregion hinaus organisierte.
Die Staatsanwaltschaft wirft darüber hinaus dem Mitangeklagten Jörg W. (Jg. 1969) vor, den „Rädelsführer“ Kalmus bei der Fortführung der „Sektion Baden“ des „Blood&Honour“-Netzwerkes unterstützt zu haben. Der in „Thor Steinar“-Sweatshirt vor Gericht erschienene Schlosser lässt sich vom Cottbusser Rechtsanwalt Olaf Klemke verteidigen, der nach dem „Hetzjagdprozess“ von Guben und der Prozessserie gegen die „Skinheads Sächsische Schweiz“ erneut in einem größeren Neonazi-Prozess auftritt. An der Seite des zuletzt in Nürnberg lebenden Hartwin Kalmus steht der Fürther Rechtsanwalt Frank Miksch, der permanent Neonazi-Aktivisten unter anderem des „Freien Netzes Süd“ vor Gericht vertritt.
Verbot im Jahr 2001 bestätigt
Das Bundesinnenministerium hatte im September 2000 die 1994 gegründete „Blood&Honour-Division Deutschland“ sowie ihre Jugendorganisation „White Youth“ verboten und die Verwendung ihrer Parolen und Kennzeichen untersagt. Ziel der „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ gerichteten Organisationen sei es dem „25-Punkte-Programm“ zufolge gewesen, mittels Rechtsrock-Konzerten sowie CD- und Fanzine-Produktionen NS-Ideologie zu verbreiten. Das Verbot nach dem Vereinsgesetz wurde im Jahr 2001 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt.
Bis März 2006 sollen Kalmus, Weber und fast zwei Dutzend weitere Beschuldigte die Strukturen und Aktivitäten von „Blood&Honour“ aufrecht gehalten haben. Die Einnahmen konspirativ organisierter Neonazi-Konzerte seien der internationalen „B&H“-Bewegung zugeflossen, zu deren Sektionen in Serbien, Belgien, Italien, Frankreich, England, den USA und der Schweiz die baden-württembergischen Neonazis Verbindungen unterhielten.
Führungstreffen der illegalen Organisation ausgerichtet
Die Anklageschrift führt auch Kontakte zur Karlsruher NPD und den örtlichen Jungen Nationaldemokraten auf. Lokal hatten Kalmus & Co. bis Frühjahr 2006 eine „Eventhalle“ für Partys und Konzerte in Bruchsal-Untergrombach betrieben. Zahlreiche CD-Produktionen wurden von Rechtsrock-Händler Kalmus („Ragnaröck-Records“) betreut, unter anderem Aufnahmen der Bands „Razors Edge“ und „Barking Dogs“. Die „Sektion Baden“ soll dazu die Zehn-Jahresfeier der „Blood&Honour-Division Deutschland“ im pfälzischen Barbelroth im Oktober 2004 und zahlreiche Führungstreffen der illegalen Organisation ausgerichtet haben.
Die „Blood&Honour-Sektion Baden“ war wegen zahlreicher gewalttätig ausgetragener Auseinandersetzungen, beispielsweise mit der „B&H“-Sektion Vorarlberg oder dem „MSC 28 Limburg“, innerhalb der „Szene“ nicht unumstritten. Zum Prozessauftakt im Schwurgerichtssaal erschienen keine Sympathisanten der beiden Angeklagten.