„Aktionswochenende“ der extremen Rechten

Der rechtspopulistischen „pro Bewegung“ beschert die Ankündigung ihrer „Anti-Minarett“-Konferenz Ende März in Duisburg hohe mediale Aufmerksamkeit. Auch die NRW-NPD will an dem Wochenende in Duisburg für ein Minarettverbot aufmarschieren.

Mittwoch, 17. März 2010
Tomas Sager

In erweiterter Form“ werde das Thema Minarettverbot „mit in den Wahlkampf einfließen“ – bestimmen werde diese Frage die Wahlkampagne der nordrhein-westfälischen NPD aber nicht. So ließ sich Claus Cremer, Chef der NPD in Nordrhein-Westfalen im Dezember vernehmen. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Die Forderung nach einem Minarettverbot ist für die NPD alles andere als eine Frage unter vielen. Die meisten ihrer Plakate zeigen ein Logo mit einem fallenden Minarett. Und flugs meldete die Partei für das letzte März-Wochenende ein „Aktionswochenende“ in Duisburg an, als bekannt geworden war, dass just dort „pro NRW“ für ein Minarettverbot auf die Straße gehen und provokativ vor die Merkez-Moschee, eine der größten islamischen Gebetsstätten in Deutschland, ziehen wollte.

Ob NPD- oder „pro NRW“-Demonstranten die Moschee aus der Nähe zu Gesicht bekommen werden, ist bisher nicht bekannt. Die Routen, die ihre Demonstrationszüge – auch wegen der zahlreich angekündigten Gegenaktionen - nehmen müssen, sind noch nicht veröffentlicht worden. Immerhin aber scheint schon einmal klar, dass eine stationäre Kundgebung der NPD am Samstag, 27. März, nicht vor der Moschee stattfinden kann. Genau dies hatte die NPD im Januar angekündigt. In der vorigen Woche teilte sie nun mit, Ort der Kundgebung werde der Platz vor dem Duisburger Hauptbahnhof sein. Am darauf folgenden Sonntag und parallel zu dem von „pro NRW“ angekündigten „Sternmarsch“ soll eine Demonstration der NPD unter dem Motto „Der kulturellen, ethnischen und religiösen Überfremdung unserer Heimat entgegentreten – Keine islamische Machtsymbolik in unseren Städten und Gemeinden!” stattfinden – nach Angaben der NPD „in Marxloh“. Wo genau sie starten soll und welche Route vorgesehen ist, verrät die Partei aber nicht. Stattdessen gibt die NPD lediglich zwei Telefonnummern an, unter denen ein „Vorabtreffpunkt“ ab dem 24. März abgefragt werden kann.

„Mahnwachen“ vor Moscheen und islamischen Gemeindezentren

In der medialen Wahrnehmung steht die NPD im Schatten von „pro NRW“, obwohl sie sicher eine mindestens ebenso große Teilnehmerzahl wie die selbst ernannte „Bürgerbewegung“ aufbieten könnte, wenn es ihr gelänge, auch das „parteifreie“ Neonazispektrum für die Veranstaltungen in Duisburg zu gewinnen. Die Schlagzeilen aber beherrscht „pro NRW“. Die Rechtspopulisten wollen an ihren zweiten „Anti-Islamisierungskongress“ im vorigen Frühjahr in Köln anknüpfen. Zu dem waren zwar gerade einmal maximal 200 Anhänger und Mitglieder gekommen – „pro NRW“ feierte die Veranstaltung auf einer Brachfläche im rechtsrheinischen Teil Kölns aber dennoch als Erfolg und fabulierte munter von rund 1000 Teilnehmern.

Ein dreitägiges Programm ist diesmal angekündigt. Am Freitag, 26. März, sollen vor Moscheen und islamischen Gemeindezentren in Oberhausen, Herten, Gelsenkirchen, Mülheim an der Ruhr, Essen und Bochum „Mahnwachen“ abgehalten werden. Samstags ist der eigentliche „Kongress“ gegen den Bau von Minaretten geplant. Teilnehmen sollen unter anderem Vertreter rechtspopulistischer Gruppierungen aus Österreich (FPÖ), Belgien (Vlaams Belang), Schweden (Sverigedemokraterna) und Frankreich (neben anderen Mouvement National Rèpublicain). Aus der Schweiz wird ein Vertreter aus dem Kreis der Initiatoren des Volksbegehrens für ein Minarettverbot erwartet, aus der Bundesrepublik Alfred Mechtersheimer von der „Deutschland-Bewegung“. Veranstaltet wird die Tagung im Schloss Horst in Gelsenkirchen unter dem Label eines „pro NRW“-Parteitags.

„pro“-Truppe in einer Win-Win-Situation

Sonntags schließlich ist die Demonstration zur Merkez-Moschee geplant. Dabei sind die Planungen auf „pro“-Seite in der Zwischenzeit etwas abgespeckt worden. Im vorigen Dezember hatte es noch geheißen, in „mehreren Ruhrgebietsstädten“ werde ein „Sternmarsch“ zur Moschee starten. Offenbar nach einem Blick auf die Landkarte und nach einer realistischeren Einschätzung, welche Distanzen „pro“-Anhänger zu bewältigen in der Lage sind – war dann nur noch von „verschiedenen Ausgangspunkten“ die Rede, ohne sie konkreter zu lokalisieren. Und Anfang März war dann gar nur noch von einem „Protestmarsch“ die Rede und nicht mehr von einem „Sternmarsch“. Auch bei der erwarteten Teilnehmerzahl hat man offenbar zurückgeschraubt. Von 2000 Teilnehmern war parteioffiziell die Rede. Gegenüber der Polizei wurden einem Bericht der „Rheinischen Post“ zufolge nur noch etwa 1000 genannt – was aber immer noch deutlich übertrieben erscheint.

Wahrscheinlich ist die genaue Teilnehmerzahl den „pro“-Spitzenkräften aber auch ebenso egal wie die Frage, ob sie das Ziel ihres „Protests“, die Merkez-Moschee, am 28. März überhaupt erreichen. „Pro NRW“ sieht sich in einer Win-Win-Situation. Schon die Ankündigung von Konferenz und „Sternmarsch“ hat ihr eine mediale Aufmerksamkeit beschert, die mit noch so vielen Plakaten und Flyern niemals zu erreichen gewesen wäre. Können die „pro“-Anhänger tatsächlich bis zur Moschee demonstrieren, inszenieren sie sich als die erfolgreichen Tabubrecher wider die Ge- und Verbote der „Political correctness“. Endet der „Sternmarsch“ aber wegen der zahlreich angekündigten Gegenaktionen vorzeitig, inszenieren sie sich in der Rolle eines Opfers, das demokratische Rechte nicht in Anspruch nehmen konnte, weil „antidemokratische Kräfte“ dies verhindert hätten. Der gescheiterte erste Anlauf, im Spätsommer 2008 in Köln eine Anti-Islamisierungskonferenz abzuhalten, dient dabei als Vorlage.

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