Aktion „Erfurt ist brown town“
Der NPD-Ratsherr im Erfurter Stadtrat, Enrico Biczysko, war offenbar an einem geplanten Großangriff auf ein besetztes Hauses in der Landeshauptstadt beteiligt. Das geht aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses im Thüringer Landtag zur Rolle des ehemaligen NPD-Mannes Kai-Uwe Trinkaus hervor.
330 Seiten umfasst der Abschlussbericht, den die elf Mitglieder des Untersuchungsausschusses 5/2 am Mittwoch vorgelegt haben. Das Gremium war im Dezember 2012 damit beauftragt worden, die Rolle des früheren NPD-Funktionär Kai-Uwe Trinkaus als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Mitte der 2000er Jahre zu untersuchen und aufzuarbeiten. In dem Bericht heißt es, nach Aktenlage habe Trinkaus bei einem Treffen im Oktober 2006 von einer für das folgende Jahr geplanten Aktion „Erfurt ist brown town“ gesprochen. In diesem Rahmen war ein Angriff auf das seit 2001 besetzte Haus in der thüringischen Landeshauptstadt vorgesehen, bei dem 100 Hooligans aus Erfurt, Halle an der Saale und Chemnitz das Gebäude und seine Bewohner überfallen sollten. Geplant war eine exemplarische Zerstörung des Hauses, „zur Not wolle man die Bude abfackeln, da es dort ja ohnehin schon öfter gebrannt habe“, heißt es in dem Bericht.
Das Training hat in dem eigens dafür gegründeten Sportverein „SV Erfurt 1871 e.V.“ stattgefunden, in dem nur Mitglieder der rechten Szene aktiv werden sollten. Unter Führung des wegen Körperverletzung verurteilten stellvertretenden Vorsitzenden der NPD Erfurt-Sömmerda hatten in dem als „Badminton-Verein“ angemeldeten Zusammenschluss Neonazis Kickboxen, Nahkampf und den Umgang mit Messern trainiert, auf Bildern aus der Sporthalle ist auch Trinkaus beim Training zu sehen.
„Dem Lucifero ein paar aufs Maul hauen“
Nach seinen Angaben war bei einem Gespräch über den geplanten Angriff auch Enrico Biczysko anwesend, der im Mai dieses Jahres in den Erfurter Stadtrat gewählt wurde. Der 1982 geborene Monteur war damals dem Bericht zufolge Mitglied der „Freien Kameradschaft Erfurt“ und aktiver Hooligan. Er soll auch mit Gewalt gegen Gewerkschaftsvertreter gedroht haben, sagte Trinkaus vor dem Ausschuss. Ihm gegenüber habe Biczysko gesagt, es gebe Überlegungen, dem „Angelo Lucifero ein paar aufs Maul zu hauen“, damit der Mal ruhiger werde. Lucifero war zu dieser Zeit ein engagierter Funktionär der Gewerkschaft ver.di und deswegen wiederholt Angriffsziel von Neonazis.
Kai-Uwe Trinkaus war 2005 in die NPD eingetreten, noch im selben Jahr stellvertretender Kreisvorsitzender der NPD Erfurt-Sömmerda geworden und in der Folgezeit einer der aktivsten Neonazis in Thüringen. Gegen ihn wurden zwischen 1996 und 2011 21 Ermittlungsverfahren geführt, im Oktober 2012 enttarnte er sich gegenüber den Medien als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes zwischen 2006 und 2007.