AfD will Storch Heinar verbannen

Das Engagement von Storch Heinar ist der AfD offensichtlich ein Dorn im Auge. Nachdem bereits 2018 ein Vorstoß des AfD-Bundestagsabgeordneten Enrico Komning scheiterte, will die AfD den Storchen nun anhand von Anträgen aus Schulen verbannen.

Freitag, 05. Juni 2020
Redaktion
AfD will Storch Heinar verbannen
Weite Teile der AfD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern mitsamt Fraktionschef waren massive Kritik für Aussagen zur Abschaffung der parlamentarischen Demokratie auf sich. Alles kein Grund für die „blauen Kameraden“ im Nordosten, sich erstmal an die eigene Nase zu fassen und nicht mit gleichlautenden Anträgen für Kreistagssitzungen aufzufallen, die die „Untersagung“ von Auftritten von Storch Heinar in Schulen der Landkreise Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern Greifswald fordern. Frei nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung.

Komning scheitert 2018

Bereits im Oktober 2018 hatte besagter Komning das aus AfD-Sicht verhasste Engagement des Storchen im Rahmen von Schulprojekttagen ins Visier genommen und aufgrund eines unterstellten Verstoßes „gegen das Neutralitätsgebot für öffentliche Schulen“ eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Schulleiter in Friedland eingereicht. Anfang 2019 wurde diese durch das Schulamt Neubrandenburg als unbegründet zurückgewiesen. Sehr zum Ärger Komnings, der zunächst noch laut über weitere rechtliche Schritte nachdachte. Doch dann passierte erst einmal nichts – bis jetzt.

Neuer Anlauf per AfD-Antrag im Kreistag

Denn auf der nächsten Sitzung des Kreistages Mecklenburgische Seenplatte am 10. Juni und des Kreistages Vorpommern-Greifswald am 15. Juni soll über zwei wortgleiche Anträge beraten werden, den die AfD-Fraktionsvorstände Jan-Michael Martin bzw. Stephan Reuken eingereicht haben. Dort heißt es im Antragstext: „Der Kreistag beauftragt die Verwaltung, die öffentlichen Auftritte des `Storch Heinar´ im Zusammenhang mit dem Workshop der Mecklenburger Anstiftung zu untersagen und/oder nicht zu genehmigen“. Man unterstütze als AfD zwar „allumfänglich die Workshops zum Thema Rassismus, Antisemitismus, Extremismus und Demokratie“, nicht jedoch das „Zur-Schau-Stellen politischer Figuren“, die „ganz klar eine Parteizugehörigkeit“ hätten. Storch Heinar sei „das Maskottchen der Jusos“ und zähle daher zur SPD. Parteipolitik habe, so die AfD, aufgrund des „staatlichen Neutralitätsgebots“ in Schulen nichts zu suchen.

AfD ging mit „Pranger-Portal“ bereits vorher gegen kritische Lehrer*innen vor

Dabei handelt es sich um eine bewusste Verzerrung und wiederholte Falsch-Auslegung des staatlichen Bildungsauftrages durch die AfD, die in der Vergangenheit beispielsweise durch einen „Online-Pranger“ von sich Reden machte, über den Pädagoginnen und Pädagogen angeschwärzt werden sollten, die sich im Unterricht kritisch mit menschenfeindlichen Aussagen von AfD-Politikern auseinandergesetzt hatten. Im September 2019 ließ der Landesdatenschutzbeauftragte das Portal verbieten. Zum AfD-Portal hatte sich Ende 2018 sogar Bildungsministerin Birgit Hesse geäußert. Es gebe keine Neutralität gegenüber den Werten des Grundgesetzes und der Landesverfassung. Es sei absurd, wie „einige Politiktreibende“ erst Tabus brächen, Sprache und Umgang verrohten, die Gesellschaft spalteten, um dann die kritische Auseinandersetzung mit derlei Verhalten zu attackieren. „Wer die Schmerzgrenzen der Meinungsfreiheit regelmäßig ausreizt, um sich dann hinter dem missinterpretierten Neutralitätsgebot zu verstecken, ist schlichtweg feige“, so Hesse in einem Schreiben an alle Lehrerinnen und Lehrer.

Schulleiter selbstbewusst im Umgang mit Workshops

Einen Verstoß gegen die Parteienneutralität hatte auch der von Komning attackierte Schulleiter der Schule in Friedland nicht gesehen. Storch Heinar sei tatsächlich im Rahmen des “WarmUp!”-Projektes in der Schule gewesen, aber nur als Rahmenprogramm. In den eigentlichen Workshops ging es letztlich überhaupt nicht um Parteipolitik. Im Mittelpunkt stand vielmehr die Frage, wie Schülerinnen und Schüler in einer Demokratie leben wollten und welche Werte sie sich für ihre Gesellschaft wünschten. „Nirgends war ein SPD-Schild aufgestellt“, stellte er gegenüber dem Nordkurier klar. Geht es nach dem Neustrelitzer Bildungsexperten Andreas Butzki, wird der AfD-Antrag erst gar nicht im Kreistag beraten. „Für die Bewertung der inhaltlichen Ausgestaltung von Unterricht ist der Kreistag überhaupt nicht zuständig. Es gibt rechtlich keine Grundlage für einen solchen Antrag. Für Beschwerden über die Unterrichtsausgestaltung ist das Schulamt zuständig.“ Ebenda hatte die AfD mit Komning aber bereits letztes Jahr grandios Schiffbruch erlitten. Welchen Zweck der Antrag dann verfolgt? Julian Barlen, Projektleiter bei Storch Heinar, hat da eine klare Auffassung: „Letztlich geht es der AfD wohl vor allem darum, ein Klima der Angst zu erzeugen. Ziel ist es, dass Lehrkräfte einen kritischen Umgang mit Politik und Demokratie im Unterricht möglichst nicht betreiben, um Konflikten mit AfD-nahen Eltern und der AfD selbst aus dem Weg zu gehen. Es geht darum, dass die zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Verfehlungen von einzelnen AfD-Abgeordneten nicht zur Sprache kommen.“
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