Berufungsverhandlung

AfD unterliegt „Mission Lifeline“

Im Oberbürgermeisterwahlkampf in Dresden hatte die AfD falsche Behauptungen über den Seenotrettungsverein „Mission Lifeline“ verbreitet. Vor Gericht kassierte der Kreisverband dafür eine Unterlassungsklage.

Dienstag, 14. Februar 2023
Kai Budler
Der Sprecher des Vereins "Mission Lifeline", Axel Steier, Foto: Markus Weinberg, CC BY SA 4.0
Der Sprecher des Vereins "Mission Lifeline", Axel Steier, Foto: Markus Weinberg, CC BY SA 4.0

Der AfD-Kreisverband Dresden darf nicht behaupten, der gemeinnützige Seenotretter-Verein „Mission Lifeline“ erhalte eine steuerliche Förderung. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden und einer Unterlassungsklage des Vereins stattgegeben. Hintergrund ist ein Flyer, den die AfD 2022 im Oberbürgermeister-Wahlkampf in Dresden verteilt hatte. Darin hieß es u.a., der damalige Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und seine damalige Gegenkandidatin Eva Jähnigen von den Grünen unterstützten die Initiative „sicherer Hafen“. Die Folge sei eine „Förderung von Schlepperorganisationen wie Mission Lifeline mit Steuergeldern“.

Damit finanziere der Verein mit Sitz in Dresden die Überfahrt von Nordafrikanern über das Mittelmeer in unsere Sozialsysteme". Der Vorsitzende und Sprecher des Vereins, Axel Steier, hatte daraufhin erklärt, dass es eine solche Förderung nicht gebe und die falsche Tatsachenbehauptung sowohl sein Persönlichkeitsrecht verletze als auch seinen Kredit gefährde. Eine Unterlassungsklage gegen den Kreisverband vor dem Landgericht Dresden im Herbst 2022 scheiterte, weil der Richter entschied, die AfD-Äußerungen fielen unter die Meinungsfreiheit und seien zulässig.

Spendenrückgang

Gegen die Entscheidung legte „Mission Lifeline“ Rechtsmittel ein, so dass es Ende Januar zu einer Berufungsverhandlung vor dem 4. Zivilsenat des OLG kam. Dort erklärte Steier, 2022 hätten deutlich weniger Menschen als zuvor für humanitäre Hilfe Geflüchteter gespendet. Dies sei auch eine Folge derartiger Falschbehauptungen.

Der Senat des OLG bewertete die inkriminierten Zeilen in der Verhandlung eher als „unwahre Tatsachenbehauptung“. In der jetzt veröffentlichten Entscheidung heißt es, die beanstandete Äußerung enthalte eine unwahre Tatsachenbehauptung, die der Verein nicht hinnehmen müsse. Aus dem Stadtratsbeschluss vom Februar 2022, der den Beitritt der Stadt Dresden zur „Initiative sicherer Hafen“ enthält, habe „Mission Lifeline“ keinerlei finanzielle Zuwendungen enthalten.

Falschbehauptungen müssten nicht hingenommen werden

Der Senat urteilte, „zwar seien im politischen Meinungskampf auch polemische Zuspitzungen und Vergröberungen grundsätzlich hinzunehmen“. Dies gelte aber nicht für Falschbehauptungen und auch nicht für am politischen Meinungskampf unbeteiligte Dritte wie „Mission Lifeline“. Die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtswirksam.

Der Verein „Mission Lifeline“ war gegründet worden, nachdem die EU-Staaten im März 2016 die Balkanroute geschlossen hatten, so dass Geflüchtete den Weg über das Mittelmeer nehmen mussten. Allein für 2016 gehen Schätzungen von rund 5.100 Geflüchteten aus, die im Mittelmeer ertrunken sind, das waren 1.000 mehr als im Vorjahr.

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