AfD-Spitzenkandidat Höcke

Auf ihrem Listenparteitag am Wochenende hat die AfD Thüringen ihre Kandidaten für die Landtagswahl im Oktober 2019 aufgestellt. Rund 84 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder wählten den amtierenden Landeschef und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke auf Platz eins.

Montag, 15. Oktober 2018
Kai Budler

Am Ende des zweitägigen Parteitages in Arnstadt musste die Thüringen-AfD ihre Abstimmung über die Kandidaten für die Landtagswahl im kommenden Jahr unterbrechen. Weil die Rechtspartei nach den Umfragewerten von 20 bis 25 Mandaten im Thüringer Landtag ausgeht, sollten ursprünglich insgesamt 44 Listenplätze gewählt werden. Doch am Sonntagabend hatten die etwa 300 der insgesamt etwa 1300 Mitglieder nur über die ersten 15 Listenplätze abgestimmt. Der Parteitag soll nun am 27. und 28. Oktober fortgesetzt werden.

Am ersten Tag des Parteitags stimmten 84,4 Prozent für den amtierenden Landeschef und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke, der sich als einziger um das Amt des AfD-Spitzenkandidaten bewarb. Bis Höckes Wahl bestätigt werden konnte, mussten die Anwesenden mehr als zweieinhalb Stunden warten. Weil bei der ersten Abstimmung befürchtet wurde, Parteimitglieder hätten mehrere Wahlzettel erhalten, war die Wahl des Spitzenkandidaten wiederholt worden. Auf Platz zwei folgt Stefan Möller, Ko-Landeschef und Parlamentarische rGeschäftsführer der Landtagsfraktion, er erhielt 78,2 Prozent der abgegebenen Stimmen. Platz drei gewann der Jenaer AfD-Kreischef Denny Jankowski mit 75 Prozent, ihm folgt Tosca Kniese, die einzige Frau im AfD-Landesvorstand. Mit Corinna Herold aus der Landtagsfraktion, die auf Platz zehn gewählt wird, stehen bisher lediglich zwei Frauen auf der Liste zur Landtagswahl. Platz fünf belegt der Anwalt Robert Sesselmann aus Südthüringen, Platz sechs bekommt der Pressesprecher des Landesverbandes, Torben Braga, der ehemals auch als Bundessprecher der extrem rechten „Deutschen Burschenschaft“ fungierte.

Scharfe Attacke gegen innerparteiliche Kontrahenten

Gleich zu Beginn des Parteitags attackierte  Höcke seine innerparteilichen Kontrahenten scharf und warf der früheren stellvertretenden Landesvorsitzende Steffi Brönner ein „einzigartiges Zerstörungswerk“ vor. Zu den von Höcke titulierten „Destrukteuren“ gehört auch sein Amtsvorgänger, der ehemalige AfD-Landeschef Matthias Wohlfahrt. Gegen ihn prüft der Landesverband nach Höckes Angaben ein Strafverfahren. Wohlfahrt habe den Bundesvorstand erpressen wollen, um die Verlegung des Landesparteitags zu erreichen. In einem offenen Brief hatte der ehemalige Landeschef im März 2017 einen Personenkult um Höcke kritisiert und im September 2017 die „Alternative Mitte“ in Thüringen mit gegründet. Die Arbeitsgruppe, die sich selbst als „freiheitlich-patriotisch und bürgerlich-konservativ“ beschreibt, ist für Höcke eine „bunte Kleinsttruppe“ mit dem Ziel, „Funktionierendes zu zerstören“. Der AfD-Landeschef erklärte auf dem Parteitag: „Unsere Geduld ist am Ende (…) Ordnet euch ein, oder haut endlich ab.“

Auch die die vom Thüringer Verfassungsschutz angekündigte Prüfung einer Beobachtung der AfD wegen der Reden und Positionen des Landeschefs erregte bei Höcke naturgemäß harsche Kritik. Der Leiter des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer, hatte die Rechtspartei in Thüringen offiziell zum „Prüffall“ erklärt und angekündigt, ab jetzt sei Höcke „angezählt“. Höcke wiederum nannte auf dem Arnstadter AfD-Parteitag Kramer eine „eine Schande für Thüringen und Deutschland“. Er fügte hinzu: „Eine Stasi war genug!“. Den Verfassungsschutz bezeichnete Höcke als ein „Herrschaftssicherungsinstrument des Establishments“.

„Wir haben nichts mit der NPD zu tun“

Zu Tumulten kam es, als Höcke von Ronny Poppner, seinem Stellvertreter im Vorstand des AfD-Kreisverbands Nordhausen-Eichsfeld-Mühlhausen, verlangte, auf eine Kandidatur für die Liste zu verzichten, weil er vor zwei Jahren einen NPD-Eintrag in sozialen Medien geteilt habe. Daraufhin verließen etwa 20 AfD-Mitglieder schimpfend den Saal. „Wir haben nichts mit der NPD zu tun“, rief Höcke und erhielt Schützenhilfe von dem extra angereisten AfD-Bundesvorsitzenden Alexander Gauland. „Wer Nazi-Schweinskram teilt, hat in der Partei nichts verloren“, sagte Gauland in seinem Grußwort. Die AfD habe es nicht verdient, wegen der Fehler einzelner Mitglieder Probleme zu bekommen.

Poppner selbst sieht sich als „Bauernopfer“, weil auch er den „Führerkult“ um Höcke kritisiere. Der von ihm geteilte Beitrag habe der politischen Ausrichtung der AfD entsprochen, die NPD als Quelle sei nicht erkennbar gewesen. Poppner kündigte bereits einen Sonderparteitag des nordthüringischen Kreisverbandes an, bei dem Höcke die Vertrauensfrage stellen solle. Dies käme einer Spaltung von Höckes eigenem Kreiserband gleich.

Bei den Landtagswahlen 2014 hatte die AfD in Thüringen 11,6 Prozent der Stimmen und damit elf Sitze im Landtag erhalten. Nachdem drei Abgeordnete aus der Fraktion ausgetreten waren, verfügt die AfD im Thüringer Landtag über acht Sitze. Umfrageergebnissen zufolge käme derzeit die AfD bei den Landtagswahlen im Oktober nächsten Jahres auf etwa 23 Prozent.

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