Klaus Esser
AfD-NRW: Streit um den Vorwurf der Urkundenfälschung gegen Ex-AfD-Landesvize eskaliert
Im Streit um mehrere Vorwürfe gegen den nordrhein-westfälischen AfD-Landtagsabgeordneten Klaus Esser aus Düren will nun der Bundesvorstand der rechtsextremen Partei eingreifen. Es geht um den Vorwurf gefälschter Abschlüsse, Titelmissbrauch und die bewusst fehlerhafte Aufnahme neuer Mitglieder.
Mitte 2024 wurden Vorwürfe gegen Klaus Esser, der seinerzeit als stellvertretender AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzender fungierte, öffentlich. Demnach soll er bei seiner Bewerbung auf die Stelle als Landesgeschäftsführer der AfD-NRW gefälschte Hochschulzeugnisse vorgelegt haben. Im November 2024 fand in diesem Zusammenhang eine Hausdurchsuchung in Düren statt. Die Staatsanwaltschaft Aachen ermittelt weiter wegen des Verdachts der Urkundenfälschung, des Betrugs und des Missbrauchs von Titeln gegen Esser.
Zudem soll Esser als damaliger Kreischef Mitglieder in seinem Kreisverband aufgenommen haben, die nicht im Kreis Düren gemeldet waren. Dies diente möglicherweise dem Ausbau der eigenen Machtbasis. Dazu sollen durch einige wenige Mitstreiter auch Scheinadressen angelegt worden sein. Im Zuge der bekannt gewordenen Vorwürfe trat Esser von seinen Ämtern und Funktionen zurück. Zudem wurde ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet.
Parteiinterner außergerichtlicher Vergleich
All das sorgt seit rund einem Jahr für erhebliche Verwerfungen und befeuert die Machtkämpfe im Landesvorstand und im Landesverband. Der Flügel um Landeschef Martin Vincentz und jener um den Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich nutzen die Causa Esser für ihre Fehden. Esser zählt zum Vincentz-Lager und gilt als strategisch gewiefter Netzwerker. Auf dem Landesparteitag in Marl kam es im Januar in der Sache zu einem Eklat.
Nun soll das Parteiausschlussverfahren gegen Esser plötzlich aber vom Tisch sein. Nachdem es in der Causa zu Zerwürfnissen im beziehungsweise rund um das Landesschiedsgericht der AfD gekommen war, schlossen der Landesvorstand und Esser nun einen parteiintern außergerichtlichen Vergleich. Wegen der nicht korrekten Aufnahme von Mitgliedern soll der Dürener rückwirkend eine Ämtersperre von 18 Monaten erhalten. Diese würde nur noch einige Monate andauern, sodass Esser schon bei dem kommenden Landesparteitag Anfang 2026 wieder wählbar wäre.
Der wahre Skandal wird eingeschläfert
Erstaunlich war, dass Esser wegen dieser Lappalie zur Rechenschaft gezogen wurde – nicht jedoch wegen eines der „größten Skandale der AfD in NRW“ (t-online), nämlich dem „Lebenslauf-Skandal“ (Rheinische Post). Dem Landesverband soll Esser nämlich vor Jahren fingierte oder gefälschte Zeugnisse und Abschlüsse vorgelegt haben, als er sich für die Stelle des Geschäftsführers bewarb. Demnach gab er sich als Jurist aus, erhielt die Stelle und führte diesen Titel zunächst auch in seiner Korrespondenz.
Unterdessen, berichtete der WDR, sollen die entsprechenden Bewerbungsunterlagen in der Landesgeschäftsstelle nicht mehr vorliegen. Sozusagen am Schiedsgericht vorbei hat der Landesvorstand dann zu Wochenanfang entschieden, das Ausschlussverfahren in dieser Sache einzustellen. Die Vorwürfe seien „wegen Verjährung und Nichtbeweisbarkeit zurückgezogen und ersatzlos gestrichen“, zitieren Medien aus dem entsprechenden Schreiben des Landesvorstands.
Bundesvorstand will übernehmen
Dies rief umgehend den AfD-Bundesvorstand auf den Plan. Dieser will das Votum des Landesvorstands sowie den Vergleich nicht akzeptieren. In einem laut Medienberichten von Alice Weidel und Tino Chrupalla unterzeichneten Schreiben teilte der Bundesvorstand demnach mit, dem Verfahren beitreten zu wollen. Ob dies möglich ist, ist unklar, denn durch den außergerichtlichen Schritt könnte das Parteiausschlussverfahren formal als beendet gelten.
Vor geraumer Zeit hatten die Gegner von Vincentz und Esser mitgeteilt, dass sie Kopien der Zeugnisse auf einem entsprechenden Telegram-Kanal veröffentlichen würden. Die Veröffentlichung fand am vergangenen Wochenende auch statt. Es wurden Grafikdateien von gefälschten oder zumindest manipulierten Abschlüssen publiziert.
Debatten um Fälschungen
Im Rahmen früherer Debatten um diese Fälschungen hatte Esser selbst mitgeteilt, dass ihm diese untergeschoben respektive von anderen verbreitet worden seien. Unklar ist daher zunächst, ob die offenbar aus dem Helferich-Umfeld via Telegram verbreiteten Zeugnisse diese Fälschungen abbilden.
Im NRW-Kommunalwahlkampf besuchte Parteichef Tino Chrupalla Anfang September erst eine für das Rheinland zentrale Veranstaltung in Düren. Mehrere hundert Parteifreunde trafen sich dabei mit Chrupalla auf einem idyllisch gelegenen alten Wasserschloss – alles maßgeblich organisiert von Essers Ehefrau. Auf dem Telegram-Kanal der Vincentz und Esser-Feinde hieß es: „Chrupalla folgte der Einladung von Lebenslauffälscher Klaus Esser. [...] Examensfälscher und Mitgliedermanipulatoren wie Klaus Esser haben hingegen nichts in einer Rechtsstaatspartei verloren.“ Ende offen?