Thor Steinar
AfD-Landtagsabgeordneter Czuppon wegen Verfolgung Unschuldiger verurteilt
Seit rund fünf Jahren beschäftigt die Justiz in Thüringen eine Klage gegen den Polizisten und jetzigen Thüringer AfD-Landtagsabgeordneten Torsten Czuppon. In einer Berufungsverhandlung hat das Landgericht Erfurt den Politiker nun zu einer Geldstrafe in Höhe von 30.000 Euro verurteilt.
Wegen der Verfolgung Unschuldiger hat das Landgericht Erfurt den Polizisten und Thüringer AfD-Landtagsabgeordnete Torsten Czuppon in der Berufungsverhandlung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 200 Euro verurteilt. Das Gericht verwarf damit die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Die Strafverfolgungsbehörde hatte auf eine Bewährungsstrafe von 14 Monaten und eine Geldstrafe plädiert, die Verteidigung einen Freispruch gefordert.
Czuppon: „Gutmenschenszene“ in Gedenkstätte Buchwald
Die Richterin Kerstin Lossin-Weimer sah es als erwiesen an, dass der damalige Polizist Czuppon Anzeige gegen zwei Personen wegen falscher Verdächtigung gestellt und sie auch selbst bearbeitet hatte. Czuppons Verteidiger Jochen Lober sagte, das Verhalten seines Klienten sei „möglicherweise nicht richtig, aber strafbar ist es nicht“. Der heute 57-jährige Czuppon sah sich vor Gericht als Opfer: Als damaliges AfD-Mitglied habe er mit seiner gegenteiligen Meinung die „schöne Stimmung“ der „Gutmenschenszene“ in der Gedenkstätte Buchwald gestört. Als Revanche habe er unrechtmäßig eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs kassiert. Der Grund: Er soll in der Gedenkstätte ein T-Shirt der bei Neonazis beliebten Marke Thor Steinar getragen haben. Dies wiederum verstößt gegen die Hausordnung der Gedenkstätte.
Die Geschichte mit mehreren Kapiteln beschäftigt seit Ende 2017 gleich mehrere Gerichte und Instanzen. Ausgangspunkt ist Czuppons Teilnahme an einer zweitägigen Weiterbildungsveranstaltung im November 2017 in den Räumen der Gedenkstätte Buchenwald. Organisiert wurde sie von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald/Mittelbau Dora und der Mobilen Beratung in Thüringen. Nach der Eröffnung habe sich Czuppon als interessierter Polizist vorgestellt und sinngemäß erklärt, „man muss sich ja jede Meinung anhören“, erinnert sich ein Mitarbeiter der Gedenkstätte vor Gericht.
Mehrfach in Thor-Steinar-Kleidung aufgetreten
Der gelernte Mechaniker habe einen Hoodie mit hochgezogenem Reißverschluss getragen, erklärt der Zeuge weiter. Erst als er ihn mit offenem Hoodie gesehen habe, sei ihm auf dem T-Shirt der Aufdruck „Anpassungsstörung“ aufgefallen. Vier Tage später habe er im Internet danach gesucht und sei im Online-Katalog der rechten Marke Thor Steinar auf das Motiv gestoßen. Bestärkt worden sei er durch ein Foto des damaligen Polizeibeamten auf einem AfD-Parteitag 2017, auf dem er dasselbe T-Shirt getragen hatte.
Weil Thor Steinar zu den extrem rechten Kleidermarken gehört, deren Tragen die Hausordnung der Gedenkstätte untersagt, stellten der Mitarbeiter und ein weiterer Organisator Anzeige gegen Czuppon. Der wiederum reagierte auf das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren im September 2018 mit einer Anzeige gegen die Zeugen wegen Verleumdung. Dass er sie als Polizeibeamter auch selbst bearbeitet hatte, kam erst im Prozess wegen falscher Verdächtigung vor dem Amtsgericht Sömmerda ans Licht.
Verfahren erweitert
In der aktuellen Berufungsverhandlung vor dem Landgericht sagte ein Zeuge, gegen den Czuppon die Anzeige gestellt hatte: „Ich bin von einem Polizeibeamten im Dienst für etwas angezeigt worden, das ich niemals gemacht habe. Das ist ein Unding“. Als Folge wurde das Verfahren um den Anklagepunkt Verfolgung Unschuldiger erweitert und später an das Amtsgericht Erfurt weitergegeben.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Czuppon 2019 bereits das Direktmandat in seinem Wahlkreis gewonnen und war als AfD-Abgeordneter in den Thüringer Landtag eingezogen. Aus diesem Grund musste der Landtag erst seine Zustimmung zur Einleitung des Strafverfahrens geben, bevor der Prozess im Sommer 2022 beginnen konnte. Dort verurteilte ihn ein Schöffengericht wegen eines „minder schweren Falls“ zu 150 Tagessätzen und insgesamt 30.000 Euro, außerdem sollte er 6.000 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung gefordert und legte wie auch Czuppon Berufung ein.
Mehrfach mit eindeutigen Äußerungen aufgefallen
Wegen der bisherigen Verhandlungen ruhte bislang ein Disziplinarverfahren gegen Czuppon. Sollte das aktuelle Urteil rechtskräftig werden, könnte ihm auch die Entlassung aus dem Polizeidienst ohne Rentenansprüche drohen.
Als letztes Rechtsmittel können Czuppon und die Staatsanwaltschaft noch Revision einlegen.
Dessen Karriere bei der Polizei in Thüringen hat ohnehin schon unter seinen Äußerungen gelitten. Nach seinen Tätigkeiten als Kommandant bei der Bereitschaftspolizei und als Gruppenführer der Thüringer Wasserwerferstaffel wurde er 2017 in den Streifendienst in Sömmerda versetzt. Wiederholt hatte in den sozialen Medien extrem rechte und geschichtsrevisionistische Inhalte geteilt und den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow als „Ratte“ und „Volksverräter“ bezeichnet.