Verzicht auf Bundestagskandidatur nach Hitler-Posting
AfD-Funktionärin Elena Roon: Extrem rechts oder extrem naiv?
In der Affäre um geteilte Hitler-Bilder und ein Video der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck hat der bayerische AfD-Landesverband die in Nürnberg beheimatete Russlanddeutsche Elena Roon entlastet. Heute zog sie ihre Kandidatur für den Bundestag zurück. Im Gegensatz zur Partei zog ihr Arbeitgeber Konsequenzen aus den Postings. In der Affäre um Roon ging es aber wohl auch um einen innerparteilichen Machtkampf.

„Vermisst seit 1945 – Adolf bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich!“ war auf den skandalträchtigen Hilter-Bildern zu lesen, die von der AfD-Funktionärin Elena Roon in einem parteiinternen Whatsapp-Chat verschickt wurden. In einer anderen von Roon verbreiteten Montage wird dem Diktator – wohl mit Blick auf den NS-Massenmord – folgende Aussage in den Mund gelegt: „Islamisten….die habe ich vergessen“.
Selbst für eine sich weiter radikalisierende Partei, in der „völkisch“ wieder zum normalen Sprachgebrauch gehört und in der begonnen wird, die Kriegsursachen des Zweiten Weltkriegs zu verschieben, waren diese Bilder dann doch zu viel des „Guten“. Eine Kommission des AfD-Landesverbandes um dessen Landesvorsitzenden Petr Bystron und Dirk Driesang aus dem Bundesvorstand nahm sich des Vorfalls an.
Mit den von Elena Roon geteilten Bildern waren die Vorwürfe gegen sie aber noch nicht erschöpft. Auf einem Roon zugerechneten Account in einem russischen Sozialen Netzwerk wurde im September ein Video der notorischen Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck gepostet, in dem diese Russlanddeutsche dazu aufrief, die AfD zu wählen.
Mangel an Sensibilität
Die AfD-Kommission sieht darin letztlich kein Problem und entlastet Roon vollständig, schreibt der BR. Als Russlanddeutsche fehle ihr die „Sensibilität“ bei dem Thema, zitieren gleichlautend BR und Merkur aus Parteikreisen. Roon habe sich sowohl von den Hitler-Bildern, als auch von Frau Haverbeck distanziert. Was vor Gericht leicht als Schutzbehauptung angesehen werden könnte, wenn es nicht mit Belegen untersetzt wird, reichte der Kommission offenbar aus. Mit anderen Worten: die AfD stellt eine eigene Bundestagskandidatin als sehr naiv dar, um sie nicht als extrem rechts einstufen zu müssen.
Nicht zum Tragen kam nach vorliegenden Informationen die von Roon in einer inzwischen gelöschten Stellungnahme auf ihrer Facebook-Seite angebotene Erklärung: Sie habe die Fotos aus dem Umfeld von Martin Sichert, dem Kreisvorsitzenden der AfD Nürnberg erhalten. In einem Telefonat habe sie diesen um Erläuterungen gebeten, worauf er sie überredet haben soll, die Bilder überhaupt erst zu posten. Mit einem „Bitte nicht ernst nehmen“ habe sie sich vom Inhalt schon damals distanziert. Eine für Roon äußerst günstige Erklärung, die sich so allerdings im Bericht nicht wiederfinden soll, so Insider.
Nord gegen Süd
Die Affäre ist sicher auch im Lichte eines Machtkampfes zu sehen, den Teile der AfD-Landesspitze derzeit offenbar gegen den Kreisvorsitzenden Sichert führen. Roon wurde den bisherigen „Platzhirschen“ in der Frankenmetropole vor die Nase gesetzt, samt abgespaltenem Kreisverband mit Namen „Nürnberg-Süd/Schwabach“.
Diese Aufteilung entspricht zwar den Bundestagswahlkreisen, ist aber im Vergleich zu den anderen Parteien ungewöhnlich. Der bisherige Kreisverband Nürnberg/Schwabach wollte dagegen klagen. Der Streit wurde größer öffentlich, als Roons Untergliederung mit der NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl warb, der Kreisvorsitzende Sichert aber einen Teil des Proteststurms abbekam, mit dem Facebook-User gegen die Vereinnahmung der Ikone des Widerstands gegen Hitler-Deutschland durch die AfD protestierten.
Obwohl Sichert und Landeschef Bystron in der Vergangenheit gemeinsam auf Veranstaltungen geredet haben, soll das Verhältnis zwischen den beiden angespannt sein. Der Nürnberger ist Teil des bayerischen Höcke-Flügels, der sich gerade in Nordbayern viele Kandidaturen zum Bundestag gesichert hat. Schlagzeilen machte er mit geschichtsrevisionistischen Äußerungen. Nach der Spaltung der Bundes-AfD und der Austrittswelle kandidierte Sichert als Landesvorsitzender, den Posten bekam nach einigen Wirren aber Bystron.
Fragen bezüglich Roons Einstellung bleiben
Neben den Hitler-Bildern und Sophie Scholl wirft auch Elena Roons Rückzug aus der von ihr gegründeten „Bürgerinitiative Sichere Heimat“ Fragen auf. Nach eigenen Angaben will sie die Organisation verlassen haben, weil diese „zu rechts“ wurde. Die restlichen Aktivisten der Initiative bewerten dies jedoch genau andersherum. Roon sei ausgeschlossen worden, weil sie zu stark nach rechts außen abgedriftet sei, heißt es in einer Stellungnahme auf Facebook.
Ihr ehemaliger Mitstreiter Igor Jürgenson bekräftigte dies für den Merkur. Die Initiative sei durch Roons Kontakte zu rechtsextremen Szene in ein schlechtes Licht gerückt worden. Sie habe eine Zusammenarbeit mit dem „Arminiusbund des deutschen Volkes“ und Die Rechte angestrebt. In der Tat waren die wenigen Nürnberger Aktivisten der neonazistischen Kleinstpartei um Rainer Biller fester Bestandteil der immer kleiner werdenden Veranstaltungen der BI „Sichere Heimat“. Als eben diesen Neonazis auf einer Veranstaltung der Stadt Nürnberg das Wort entzogen wurde, verließen der BI zugerechnete Personen gemeinsam mit den Rechtsextremisten den Saal.
AfD bleibt sich in einer Sache treu
Und noch ein weiterer Vorwurf gegen Roon stand im Raum. In einem russischen Netzwerk war Roon mit besagtem Arminius-Bund vernetzt, schreibt der Merkur, der Roon auch damit konfrontierte. Daraufhin verschwand die Verbindung von dem Profil. In der AfD bleibt es also bei dem bekannten Masche. Distanz und Abgrenzung nach rechtsaußen wird erst geübt, wenn es ein Medium mit großer Reichweite zum Thema macht. Die Vorwürfe gegen Roon bezüglich des Arminus-Bundes standen schon relativ lange im Raum mindestens seit dem Juni letzten Jahres.
Wie heute kurzfristig bekannt wurde, reichte Roons Arbeitgeber die Erklärung im Gegensatz zur Partei nicht. Sie verlor ihre Anstellung. Gegenüber dem BR bestätigte sie zudem, dass sie auf eine Kandidatur für den Bundestag verzichtet. Später am Tag folgte noch der Rücktritt vom Kreisvorsitz.