Studie der OBS

AfD: Fundamentalopposition gegen die Demokratie

Die in dieser Woche veröffentlichte neue Studie zur AfD von der gewerkschaftlich verankerten Otto-Brenner-Stiftung (OBS) trägt den Titel „Radikalisiert und etabliert“. Damit wird von den sozial- und politikwissenschaftlichen Autoren Wolfgang Schroeder und Bernhard Weßels bereits eine treffende Zustandsbeschreibung der Partei geliefert.

Freitag, 21. Juli 2023
Horst Freires
AfD-Anhänger bei einer extrem rechten Demonstration in Leipzig
AfD-Anhänger bei einer extrem rechten Demonstration in Leipzig

Die AfD hat sich in den zehn Jahren ihres Bestehens sieben verschiedene Vorsitzende „geleistet“. Allein das unterstreicht die Wandelbarkeit der Partei, die inhaltlich nach ihrer Anti-EU-Haltung, dem Flüchtlingsthema, die Pandemie und neuerdings einer Pro-Russland-Haltung auch programmatisch verschiedene Spielfelder bespielt hat bzw. immer noch bespielt. Ein genauerer Blick ins Innenleben der AfD offenbart dabei, dass es schon vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine enge Verbindungen zu russischen Regierungsnetzwerken gab.

Innerparteiliche Querelen bisher keine Hürde

Was sich laut Studie geändert hat ist, dass die AfD im Spagat zwischen Bewegung und der Öffentlichkeitsbühne Parlament genau ihre strategische Rolle auszuüben versteht. Radikale Aussagen und Handlungen werden dabei zunehmend offener als je zuvor vorgetragen – häufig  zu Provokationszwecken und gesellschaftlichen Tabubrüchen. Zu gerne schlüpft man mit einer Anti-Establishment-Rhetorik dazu auch in eine selbst inszenierte „Opfer“-Rolle.

Aus der Studie
Aus der Studie

Nach zuletzt kontinuierlich in die Höhe schnellenden Umfragewerten diverser Meinungsforschungsinstitute ist klar: Der anfangs als Floskel abgetane AfD-Ausspruch „Gekommen, um zu bleiben“ ist real geworden. Innerparteiliche Querelen über die eigene Ausrichtung haben sich bisher nicht negativ ausgewirkt. Hauptsache Radikalopposition und Verbalattacken zur Zementierung rückwärtsgewandter Gesellschaftsvorstellungen und von genereller Systemkritik.

Wähler vor allem unter Erwerbslosen und „Abgehängten“

Schroeder (Universität Kassel) und Weßels (Humboldt-Universität Berlin) skizzieren ausführlich den Wählertypen der AfD und widmen diesem in der knapp 80-seitigen Expertise ein eigenes Kapitel. Für sie ist klar, wanderten anfangs noch reichlich Proteststimmen in Richtung der Partei, sind es mittlerweile durchaus inhaltlich überzeugte Kreuze, die auf dem Wahlzettel bei der AfD landen, die eindeutig eine „Männerpartei“ ist. Wählerzuspruch und Mitgliedsbestände zeigen die männliche Dominanz. Es sind vor allem Erwerbslose und vermeintlich „Abgehängte“, die der Partei folgen.

Die Parteienforscher Schroeder und Weßels sind sich einig: Für den Umgang mit der AfD gibt es kein Patentrezept. Die Reaktion auf deren Gebaren muss je nach Einzelfall immer situativ und spezifisch ausfallen, zu unterschiedlich ist die Wirkungshoheit und –macht zwischen politisch Bundes-, Landes- und kommunaler Entscheidungsebene.

Metamorphosischer Kurs

Quo Vadis AfD, die von Schroeder und Weßels als Partei der Metamorphosen bezeichnet wird? Diese Frage ist auch für die professionellen Forscher nur schwer zu prognostizieren. Eine Orientierung, ob das  radikalere innerparteiliche Lager seine kontinuierlich aufgebaute Oberhand für den eigenen Kurs behält, kann bereits der Bundesparteitag Ende Juli in Magdeburg liefern. Einen wichtigen Fingerzeig dürften zudem nächstes Jahr die Wahlen in Thüringen und Sachsen bringen. Die Wissenschaftler kommen zum Schluss, dass für die Zukunft der mit hoher Intensität vom eigenen Jugendverband Junge Alternative getragenen AfD nicht zuletzt Unsicherheit generierende Rahmenbedingungen wie zuletzt die Corona-Pandemie oder aktuell der Krieg Russlands gegen die Ukraine (...) ein vergleichsweise günstiger Resonanzboden sind, um Kontinuität und Stabilität der AfD zu flankieren und zu befördern.“

Zahlen aus 2022 bringen es ans Tageslicht: Die AfD kann auf Zuspruch von 19 Prozent aus den Reihen von Gewerkschaftsmitgliedern rechnen. Auch das Wissen darum hat die OBS der IG Metall dazu veranlasst, dass sie in den vergangenen Jahren mit mehreren analysierenden Arbeitspapieren Werdegang und Entwicklung der Partei verfolgt haben. Die aktuelle Studie ist als download hier anzutreffen:

https://www.otto-brenner-stiftung.de/afd-radikalisiert-und-etabliert/

 

Kategorien
Tags
Schlagwörter