Abfuhr für braune Listen

Die bayerischen Neonazi-Tarnorganisationen „Bürgerinitiative Soziales Fürth“ und „Bürgerinitiative Ausländerstopp Augsburg“ können bei den Kommunalwahlen nicht antreten.

Dienstag, 04. Februar 2014
Johannes Hartl

Die „Bürgerinitiative Soziales Fürth“ (BiSF) um den mehrfach verurteilten „Freies-Netz-Süd“-Führungskader Matthias Fischer konnte nicht die für einen Antritt zur Kommunalwahl nötigen 386 Unterstützerunterschriften sammeln. Nach Angaben der Stadt hat die Neonazi-Tarnliste die „Zulassung zur Kommunalwahl weit verfehlt“. Obwohl die braunen Aktivisten in den letzten Monaten teilweise mit bayern- und bundesweiter Unterstützung in Fürth um Unterschriften für den Wahlantritt geworben haben, unterzeichneten nur 137 Personen für die BiSF. Damit verfehlen die Neonazis sogar ihre Ergebnis von 2008, als sie – damals noch unter dem Deckmantel der NPD – mit insgesamt 260 Unterschriften ebenfalls gescheitert waren.

Auch die NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp Augsburg“ (BIA) konnte nicht die benötigte Anzahl an Unterschriften erreichen. Die Gruppierung um den vormaligen NPD-Landtagskandidaten Manfred Waldukat hatte ihre Ambitionen Ende 2013 öffentlich gemacht und wollte mit einer „deutschenfreundlichen Politik“ genügend Unterschriften für einen Wahlantritt erreichen. (bnr.de berichtete) Noch im Dezember sah die NPD-Bayern das „Ziel“ von 470 nötigen Unterschriften „in realistischer Nähe“. Inzwischen dürfte die rechtsextreme Partei eines Besseren belehrt worden sein: Mit Ablauf der Frist am gestrigen Montag haben lediglich 378 Bürger für die rassistische Tarnliste unterschrieben, somit fehlen 92 Stimmen.

Vermeintlicher „Aufwind“ ausgeblieben

Für den NPD-Landesverband Bayern unter der Leitung von Karl Richter ist das Scheitern in Augsburg eine Niederlage, hatte die rechtsextreme Partei doch fest auf einen Antritt zur Kommunalwahl im März 2014 gehofft. Auf ihrer Website sprach die BIA-Augsburg noch Ende Januar bei einer Veranstaltung von einem vermeintlichen „Aufwind“ sowie von einem „Zulauf“ der „deutschenfreundlichen Kräfte“. Das Scheitern des 2009 von Roland Wuttke ins Leben gerufenen Augsburger Ablegers dürfte außerdem innerparteilich erneut ein schlechtes Licht auf NPD-Landeschef Richter werfen, der mit seiner Entmachtung als Chefredakteur der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ und seiner erfolglosen Kandidatur um Listenplatz zwei auf der Europawahlliste in der rechtsextremen Partei massiv an Rückhalt verloren hat.

Eine Niederlage ist der verpasste Antritt der BiSF auch für das „Freie Netz Süd“ (FNS) und dessen Führungskader, die in den letzten Monaten massiv um Unterschriften geworben haben und unbedingt in den Stadtrat einziehen wollten. Bei dem von Gegendemonstranten begleiteten Werben um Unterschriften sollen Neonazis immer wieder Nazigegner aggressiv angegangen haben. Mit der Niederlage in der mittelfränkischen Stadt ist jetzt nicht nur der FNS-Führungskadern Matthias Fischer gescheitert, sondern ebenso das von der BiSF auch innerhalb des FNS propagierte Konzept, mit selbst ernannten „Bürgerinitiativen“ auf Stimmenfang zu gehen.

Oberbürgermeister-Kandidat Richter

Nachdem weder die BiSF noch die BIA-Augsburg zur Kommunalwahl antreten dürfen, stehen mit der BIA-Nürnberg und der BIA-München bayernweit noch zwei rechtsextreme Tarnlisten zur Wahl. In Nürnberg will der ehemalige NPD-Landeschef und amtierende Stadtrat Ralf Ollert sowie der BIA-Kandidat Fridrich Luft in das Kommunalparlament einziehen. Nicht mehr für die BIA kandiert der „Anita-Antifa“-Aktivist Sebastian Schmaus, der 2008 als zweiter Stadtrat in Nürnberg eingezogen ist. Schmaus gehört dem FNS an und führt derzeit das Impressum der BiSF, der Verzicht auf die neuerliche Kandidatur könnte eventuell auch etwas mit dem seit langem andauernden Konflikten zwischen Ralf Ollert und dem Kameradschafts-Dachverband zu tun haben.

Bei der BIA in München versucht Karl Richter, sein 2008 erlangtes Mandat zu verteidigen und eventuell weitere hinzugewinnen. Auf den ersten vier Listenplätzen tritt die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ mit Karl Richter, der Kameradschafts-Aktivistin Vanessa Becker, dem NPD und BIA-Aktivist Björn-Christopher Balbin und der BIA-Aktivistin Renate Werlberger an. Richter kandidiert außerdem noch als Oberbürgermeister für München. Im Internet benennt die rassistische Tarnliste als ihre „wichtigsten politischen Anliegen“  den „Kampf gegen die exzessive Überfremdung unserer Stadt“.

Auch die islamfeindliche Partei „Die Freiheit“ des Rechtspopulisten Michael Stürzenberger wurde in München zu den Kommunalwahlen zugelassen. Bis zum Ablauf der Frist konnte der amtierende Bundesvorsitzende der „Freiheit“ mit 1268 Unterschriften mehr als die nötigen 1000 erreichen, zudem erzielte er mit 1112 Unterschriften genügend für eine Kandidatur ebenfalls um das Amt als Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt. Seit mehr als zwei Jahren ist Stürzenberger in der Münchner Innenstadt mit mehreren Kundgebungen pro Woche präsent; Hauptthema ist dabei die Agitation gegen ein geplantes Moscheeprojekt, das der „Politically-Incorrect“-Autor mit einem Bürgerbegehren verhindern will.

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