Nikolai Nerling

30 Jahre Solingen: Störung des Totengedenkens

Der rechtsextreme Provokateur Nikolai „Volkslehrer“ Nerling will sich rund um den 30. Jahrestag des mörderischen Brandanschlages in Solingen in Szene setzen. Er will gegen die offizielle Gedenkfeier demonstrieren.

Dienstag, 23. Mai 2023
Michael Klarmann
Nikolai Nerling, hier auf dem Neonazi-"Trauermarsch" in Dresden, will in Solingen eine Demonstration durchführen.
Nikolai Nerling, hier auf dem Neonazi-"Trauermarsch" in Dresden, will in Solingen eine Demonstration durchführen.

An Pfingstmontag jährt sich der Solinger Brandanschlag zum 30. Mal. Bei dem rechtsextremen und rassistischen Anschlag starben am 29. Mai 1993 Gürsün İnce, Gülüstan Öztürk sowie Hatice, Hülya und Saime Genç. In Solingen finden am Pfingstwochenende mehrere Gedenkveranstaltungen statt. Die zentrale Gedenkfeier der Stadt ist am 29. Mai im Theater und Konzerthaus. Besuchen werden sie unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, und die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur. Weitere hochrangige Politiker werden erwartet.

Am Sonntag veröffentlichte der „Volkslehrer“ auf seinem Telegram-Kanal ein Video, in dem er mitteilte, dass er eine Demonstration in unmittelbarer Nähe zu der Gedenkfeier angemeldet habe. Nerling ergänzte dazu in knappen Sätzen schriftlich, er habe „eine Demo gegen das Gedenken in Solingen […] angemeldet, weil es dabei um antideutsche Hetze geht und mit Unwahrheiten Politik gegen Deutsche gemacht wird.“ Ähnlich äußerte er sich in seinem Video, wobei er unter anderem Hintergründe zur Tat und zu den „unschuldig“ verurteilten „sogenannten“ Tätern relativierte. Im Video nannte er den Anschlag eine „blanke Inszenierung“ im „Kampf gegen Deutsche, völkische Interessen“.

Provokation und Empörungswelle

Nerling nutzt seit langem die Provokation als Bühne. In der Vergangenheit fiel er etwa dadurch auf, dass er frühere Konzentrationslager respektive Mahn- und Gedenkstätten besuchte. Durch geschickte Andeutungen stellte er den Holocaust in Frage oder bestritt ihn. Seine Provokationen ließ er filmen oder filmte sich selbst dabei. Videos davon veröffentlichte er. Nerling geriet deswegen und wegen seiner antisemitischen Anspielungen mit der Justiz in Konflikt und wurde wegen Volksverhetzung zu einer Geld- und einer Bewährungsstrafe verurteilt. Seine Aktion in Solingen soll unter dem verfälschenden Motto „Wahrheit für die Opfer von Solingen!“ firmieren.

Ein Polizeisprecher bestätigte gegenüber ENDSTATION RECHTS., dass für Pfingstmontag eine Versammlung aus dem rechten Spektrum angemeldet sei. „Abstimmungsgespräche“ mit dem Anmelder stünden indes noch aus und würden heute erst geführt. Das antifaschistische Bündnis „Solingen´93 Unutturmayacağiz! Niemals vergessen!“ ruft schon seit Längerem für Pfingstmontag zu einer Demo anlässlich des Gedenkens auf. Auf Anfrage teilte das Solinger Bündnis mit, man halte vorerst an den ursprünglichen Plänen fest. Dass Antifaschisten jedoch spontan auch gegen die nun bekannt gewordene provokative Aktion des „Volkslehrers“ demonstrieren würden, sei nicht auszuschließen.

Update 15:55 Uhr

Laut Polizei erwartet Nerling zu seiner stationären Kundgebung gerade einmal zehn Personen. Ob diese beauflagt oder verboten wird, ist bislang nicht entschieden. Insgesamt gibt es sechs Anmeldungen für den Pfingstmontag.

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