Zahl junger, rechtsextremer Tatverdächtiger steigt bundesweit deutlich

Rechtsextreme Straftaten junger Tatverdächtiger nehmen in Deutschland drastisch zu. Auch unter Kindern ist die Zahl sprunghaft angestiegen. Soziale Medien spielen für die Rekrutierung neuer rechtsextremer Jugendgruppen eine zentrale Rolle. Die Grünen fordern ein Handeln des Innenministeriums.

Freitag, 10. Oktober 2025
Maria Kowalska
Die Zahl junger, rechtsextremer Tatverdächtiger in zuletzt massiv angestiegen
Die Zahl junger, rechtsextremer Tatverdächtiger in zuletzt massiv angestiegen

Die Zahl von jungen Tatverdächtigen in Deutschland bei Kriminalität aus dem rechtsextremen Spektrum ist innerhalb eines Jahres sprunghaft angestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die ENDSTATION RECHTS. vorliegt. Demnach fiel der Zuwachs von dem Jahr 2023 auf das Jahr 2024 deutlich bei Tatverdächtigen aus, die jünger als 25 Jahre alt waren. Zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet.

So wurden im Jahr 2024 3.395 männliche, 457 weibliche und erstmals zwei diverse Tatverdächtige unter den 14- bis 17-Jährigen gezählt. 2023 waren es noch 1.594 männliche und 191 weibliche Jugendliche. Das bedeutet mehr als eine Verdopplung der Zahlen innerhalb eines Jahres. Vor 2023 waren die Zahlen demnach für einige Jahre relativ konstant geblieben. 2020 wurden da von den Behörden noch 1269 männliche und 139 weibliche Tatverdächtige bei rechtsextremistisch motivierten Straftaten registriert.

Tatverdächtige: Vor allem im Jahr 2024 sind die Zahlen deutlich gestiegen
Tatverdächtige: Vor allem im Jahr 2024 sind die Zahlen deutlich gestiegen

Ein Anstieg lässt sich auch bei der Zahl der Kinder unter den Tatverdächtigen verzeichnen. In der Altersgruppe bis 13 Jahre wurden der Antwort auf die Kleine Anfrage zufolge vergangenes Jahr 154 männliche und 50 weibliche Tatverdächtige registriert. Zum Vergleich: 2023 waren es noch 100 Jungen und 18 Mädchen. Seit 2020 hat sich damit die Zahl der Jungen in dieser Altersgruppe nahezu verdreifacht (2020: 54 männlich).

„Höhere Dynamik und Schnelllebigkeit“ bei rechtsextremen Jugendgruppen

Auch bei den 18- bis 20-Jährigen stieg die Zahl der Tatverdächtigen 2024 deutlich. Wurden im Vorjahr noch 655 männliche und 69 weibliche Personen rechtsextrem motivierter Kriminalität ermittelt, waren es im Folgejahr 1.478 männliche, 160 weibliche und zwei diverse Personen. In der Gruppe der 21- bis 24-Jährigen wurden 2024 insgesamt 1.335 männliche und 143 weibliche Tatverdächtige erfasst (2023: 686 männlich, 76 weiblich).

Allgemein sieht die Bundesregierung bei rechtsextremen Jugendgruppierungen eine „höhere Dynamik und Schnelllebigkeit in Bezug auf rechtsextremistische Organisationsstrukturen“. Dazu heißt es weiter in der Antwort: „Explizite rechtsextremistische Jugendgruppierungen waren und sind insbesondere im entsprechenden Parteienspektrum, im völkisch geprägten Rechtsextremismus und im Zusammenhang mit dem Phänomen der neuen gewaltorientierten Jugendgruppierungen zu erkennen.“ Zu Letzteren zählt beziehungsweise zählte die Bundesregierung „Jung & Stark“, „Deutsche Jugend Voran“, „Der Störtrupp“ und „Letzte Verteidigungswelle“.

Viele Jugendgruppen ließen sich nicht klar einem Bundesland zuordnen, da sie überregional und virtuell auftreten würden, heißt es in der Antwort. Dennoch seien in einigen Ländern spezifische Gruppen bekannt, etwa „Deutsche Jugend Zuerst“ in Sachsen-Anhalt, „Rein Deutsche Jugend“ im Saarland, „Nationale Bewegung Pommern“ und „Freie Kameradschaft Wismar“ in Mecklenburg-Vorpommern oder „Strukt18“ in Bayern. Gruppen wie „Unitas Germanica“ in Baden-Württemberg oder „Deutsche Nationale Jugend“ in Hessen würden lose und oft ohne feste Struktur agieren.

Grüne kritisieren Innenministerium für fehlende Strategien

Besonders über Freizeitangebote und soziale Medien würden rechtsextreme Akteurinnen und Akteure versuchen, Jugendliche anzusprechen. Die Bundesregierung beobachtet dementsprechend seit längerer Zeit eher virtuell zu verortende Subkulturen mit oftmals minderjährigen Mitgliedern: „Dazu zählen insbesondere die sogenannte 'Attentäterfanszene' oder die SIEGE-Subkultur.“

Die Grünen im Bundestag kritisieren angesichts der gestiegenen Zahlen bei den jungen Tatverdächtigen im Bereich Rechtsextremismus die fehlenden Strategien der Bundesregierung. Schahina Gambir sagt dazu: „Dass sie die finanzielle Unterstützung der Programme und Institutionen, die seit Jahren wichtige und nachhaltige Ausstiegs- und Präventionsarbeit leisten, im neuen Haushalt nicht angemessen erhöht, zeigt, dass die Bundesregierung die Gefahr von Rechts nicht ernst nimmt.“ Die alten Instrumente zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und zur Prävention würden schon lange nicht mehr ausreichen, fügt Gambir hinzu. Partei-Kollegin Marlene Schönberger findet scharfe Worte für den CSU-Innenminister: „Alexander Dobrindt verkennt bewusst die Gefahr, die von jungen Rechtsextremen ausgeht!“

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