Wahlwiederholung
Wer wählte die AfD in Berlin? Ein Blick auf die Sozialstruktur der Wähler
Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin konnte die AfD nur leichte Stimmengewinne verbuchen und erhielt lediglich neun Prozent. Ein Blick auf die Sozialstruktur der Wähler überrascht hier nicht, die ermittelten Angaben zu Alter, Beruf, Bildung und Geschlecht bestätigten die bekannten Trends von früheren Wahlen.
Am 12. Februar kam es erstmals in der bundesdeutschen Geschichte auf Landesebene zu einer Wahlwiederholung. In Berlin musste nach 2021 der Senat noch einmal neu gewählt werden, da es zuvor diverse Unregelmäßigkeiten gab. Insofern fand die Entscheidung in einer allgemeinen Unmutsstimmung statt. Gleichwohl konnte die AfD davon nicht breiter profitieren, blieben ihre Stimmengewinne doch eher gering. Bei den Erststimmen erhielt man 136.366 und damit 9 Prozent mit einem Plus von 0,9 und bei den Zweitstimmen 137.810 und damit 9,1 Prozent mit einem Plus von 1,1 Prozent.
Offenkundig profitierte mehr die CDU von dem kursierenden Unmut, konnte sie doch 10,2 Prozent der Stimmen mehr als bei der vorherigen Wahl gewinnen. Als weitere Besonderheit kam hinzu, dass auch am Rande der Ukraine-Krieg mit relevant war. Dies mag bei einer Entscheidung, welche sich auf die Stadtpolitik bezieht, verwundern. Gleichwohl deuten bestimmte Befragungsergebnisse hier auf einen Einfluss hin (Daten der Forschungsgruppe Wahlen und von Infratest dimap).
Unterdurchschnittliche Anteile von jüngeren Wählern
Bei den sozialen Besonderheiten der Parteiwähler ergaben sich indessen keine Überraschungen. Erneut wurde die AfD weniger von Frauen und mehr von Männern gewählt, gab es doch ein acht Prozent zu zehn Prozent-Verhältnis. Man kann aber eine gewisse Annäherung im Vergleich zu früheren Wahlen konstatieren. Auch bei den Altersgruppen zeigte sich das fast gewohnte Bild: Die Jüngeren stimmten unterdurchschnittlich für die Partei. Bei den 18- bis 29-Jährigen waren es 6,3, bei den 30 bis 44-Jährigen 8,6 und bei den 45 bis 54-Jährigen 10,8 Prozent, womit diese Altersgruppe die stärkste Wählergruppe bildete.
Ansonsten war häufig die Gruppe der älteren Wähler eher schwach vertreten, diesmal votierten aber von den über 60-Jährigen fast durchschnittlich 8,8 Prozent für die Partei. Auch bezogen auf die formale Bildung bestätigte sich der bekannte Trend: Absolventen der Hauptschule votierten mit 16,1, der Realschule mit 15,9, mit Hochschulreife mit 7,3 und mit einem Hochschulabschluss mit 4,0 Prozent in diese Richtung.
Relativ hohe Arbeitslosenanteile unter den Wählern
Entsprechend lassen sich auch Anteile bei den Berufsangaben feststellen: So erhielt die AfD von 17,8 Prozent der Arbeiter, 7,9 Prozent der Angestellten, 7,4 Prozent der Selbständigen und 5,1 Prozent der Beamten jeweils Stimmen. Besonders auffällig ist darüber hinaus der relativ hohe Arbeitslosenanteil mit 13,5 Prozent. Aber auch hier kann nicht von überraschenden Ergebnissen gesprochen werden, liegen diese doch im bisherigen Trend. Das gilt auch für die Einsicht, dass Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht immunisierend wirkt. 10,3 Prozent der Mitglieder, aber 9 Prozent der Nicht-Mitglieder votierten in die genannte Richtung. Besonders hoch waren auch hier die Arbeiteranteile mit 18,2 Prozent.
Und dann sei noch auf die religiöse Ausrichtung verwiesen, wo entsprechende Bindungen für geringe Voten sprachen. 6,5 Prozent der evangelischen, 4,9 Prozent der katholischen und 4,4 Prozent der muslimischen Wähler entschieden sich nur so, während die AfD von 10,1 Prozent der Konfessionslosen ihre Stimmen erhielt. Auch dies steht für einen bekannten Trend.
7.000 Stimmen von der Linken
Beachtenswert sind darüber hinaus noch die Ab- bzw. Zuströme, also die Gewinne von anderen Parteien oder entsprechende Verluste. Von der SPD erhielt man 4.000, von der FDP 3.000, von den Grünen 1.000 Stimmen, aber von den Linken gar 7.000 Stimmen. An die CDU gab man indessen 5.000 Stimmen ab. Und dann fallen noch die angedeuteten Einstellungen zum Ukraine-Krieg auf. Bei der Frage, ob man trotz steigender Energiepreise und Lebenshaltungskosten die Russland-Sanktionen unterstütze, sprachen sich von den AfD-Wählern 21 Prozent dafür und 76 Prozent dagegen aus.
Demgegenüber gab es bei den Grünen-Wählern hier ein 96 zu 3 Prozent-Verhältnis. Diese Differenz ist aber mit durch die unterschiedliche soziale Zusammensetzung erklärbar, sind die Grünen-Wähler doch formal höher gebildet und materiell besser abgesichert. Die AfD-Wähler beurteilten auch allgemein die wirtschaftliche Lage negativer: gut meinten 5 Prozent, schlecht 94 Prozent. Auch dies ist daher dann keine Besonderheit in der Gesamtschau des Wahlverhaltens.