Pro-russische Positionen

Rechtsextremer Kriegstourismus in die Ukraine

Die Ukraine ist im Ausnahmezustand, russische Truppen sind in das Land eingedrungen. Der ukrainische Präsident bittet um Hilfe aus dem Ausland. Davon scheinen sich auch deutsche Rechtsextremisten angesprochen zu fühlen.

Montag, 28. Februar 2022
Maria Kowalska
Einige deutsche Neonazis wollen sich am Kriegsgeschehen beteiligen, Foto: Tina Hartung/Unsplash
Einige deutsche Neonazis wollen sich am Kriegsgeschehen beteiligen, Foto: Tina Hartung/Unsplash

Es war ein Ausruf der Verzweiflung: „Jeder Europäer kann zur ukrainischen Botschaft kommen und mehr Hilfe, Geld und Waffen verlangen. Wenn Sie Kampferfahrung in Europa haben, können Sie zu uns kommen und mit uns Europa verteidigen“, flehte am Freitag Wolodymyr Selenskyj, der ukrainische Präsident. Seit Tagen dringen russische Truppen in das Land vor, es herrscht Krieg. Kein Wunder also, dass Selenskyj um internationale Unterstützung bittet. Doch auch deutsche Neonazis fühlen sich angesprochen.

In mehreren Telegram-Kanälen der extremen Rechten in Deutschland sind Aufrufe zur Reise in die Ukraine veröffentlicht worden. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete gleichzeitig am Freitag, dass die Bundespolizei deutsche Rechtsextremisten davon abhalten will, in die Ukraine und damit ins Kriegsgebiet zu reisen. Das geht aus einer schriftlichen Anfrage von Martina Renner (Die Linke) hervor. Die Sicherheitsbehörden gehen demnach davon aus, dass die Mehrheit der deutschen Rechtsextremisten pro-russisch orientiert sind.

Deutsche Neonazis bitten um Spenden an Unbekannt

Die offene Aufforderung zum Kriegstourismus scheint es allerdings bislang für die ukrainische Seite zu geben. So ruft zum Beispiel das neonazistische, russisch-deutsche Netzwerk White Rex in seinem eigentlich russischsprachigen Kanal auf Deutsch und Englisch dazu auf, sich als Freiwillige in der Ukraine zu melden. Russlands Kremlchef und Kriegszug wird klar als Gegner ausgemacht, denn „Nationalisten sind Putins Erzfeinde“.

Selbst die jüdische Identität von Präsident Selenskyj wird angesichts der Krisensituation als unwichtig erachtet. Der Sammelpunkt wird in mehreren Posts als Lwiw angegeben, Waffen werden den Freiwilligen vor Ort versprochen. Der Chef von White Rex, der rechtsextreme Kampfsportler Denis Niktin beziehungsweise Kapustin, schickt am Samstag in einem Video Grußworte. Er selbst sei bereits in Kyjiw.

Ukrainische Nationalisten von Azow bitten um Mithilfe

Der ehemalige NPD-Funktionär Baldur Landogart, der eigentlich Tobias Schulz heißt, macht sich auf seinem Kanal Avantura ebenfalls für Kampfhilfe aus Deutschland stark. Freiwilligen, die in die Ukraine reisen, hat er am Freitag versichert, sie an „die richtigen Kontakte“ dort weiterzuleiten. Er stehe „direkt mit (Anm. d. Red.: dem Asow-Hauptquartier) Atek in Verbindung“. Landogart wohnt eigentlich in Görlitz und hält sich aktuell angeblich in Belarus auf. Und er sammelt auf seinem Paypal-Account Spenden mit dem Disclaimer: „Welchen Leuten, Soldaten oder Organisationen ich dann die Summe überweise, kann ich jetzt noch nicht sagen, […].“

Von dem paramilitärischen Freiwilligenbataillon Asow selbst hört man derweil nur wenig. Mitglieder des ukrainischen, ultranationalistischen Verbandes sollen sich Berichten zufolge unter anderem in der Stadt Vasilkov, also südwestlich von Kiew, aufhalten. Zumeist zeigten sich bewaffnete Asow-Mitglieder in dem südlichen Mariupol. Auch Asow gab am Freitag in ihrem Telegram-Kanal bekannt, dass Freiwillige aus anderen Ländern die Ukraine im Kampf vor Ort verteidigen sollen. Doch ob und wie viele deutsche Rechtsextreme sich bislang auf den Weg in den Osten gemacht haben, ist bislang unklar.

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