Herbert Fritz

Österreichischer Rechtsextremist seit halbem Jahr in Kabuler Gefängnis

„Afghanistan ist wieder sicher“, behauptete eine rechtsextreme Zeitschrift anlässlich eines Reiseberichts ihres freien Mitarbeiters Herbert Fritz. Damals saß der österreichische Rechtsextremist aber schon seit einer Woche in Kabul in Haft – bis heute.

Freitag, 08. Dezember 2023
Christof Mackinger
In einer Petition wird die Freilassung von Fritz gefordert, Foto: Screenshot
In einer Petition wird die Freilassung von Fritz gefordert, Foto: Screenshot

Seit über sechs Monaten ist der 84-jährige Herbert Fritz nun in Afghanistan inhaftiert. Seit gut drei Wochen liegt eine Online-Petition für ihn auf. Die Initiatorin, eine seiner Töchter, schreibt darin: „Er ist in einer Zelle ohne Tageslicht, auf einer Matratze auf dem kalten Boden und ohne Decken untergebracht.“ Die Unterzeichnenden appellieren an das österreichische Außenministerium, sich für die Freilassung Fritz’ aus dem Gefängnis in Kabul einzusetzen. Doch so recht mag die Unterstützung nicht anlaufen, nur wenige hundert Menschen haben unterzeichnet, viele davon anonym.

Die zögerliche Unterstützung des 84-Jährigen könnte damit zu tun haben, dass der Mann ein Rechtsextremist ist. Herbert Fritz gilt, so Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, „szeneintern als Experte für den Nahen und Mittleren Osten und zehrt zusätzlich vom Nimbus des Südtirol-‘Freiheitskämpfers’“. Seine Reisen in die von Russland besetzte Ostukraine 2021 und nach Afghanistan 2022 hätten ihm in der einschlägigen Publizistik ebenso wie gelegentliche Vorträge zum Thema Aufmerksamkeit verschafft, sagt der Politikwissenschafter. „Ansonsten war Herbert Fritz in den letzten Jahren nicht allzu präsent.“

Seit Jahrzehnten aktiv

Dass der aber auch heute noch in der rechtsextremen Szene fest verwurzelt ist, besteht kein Zweifel: Bekannt wurde Fritz als deutschnationaler Südtirol-Aktivist, der Anfang der 1960er Jahre in Untersuchungshaft landete, aber später freigesprochen wurde. Ab dem Alter von 20 Jahren, im Jahr 1959, war Fritz Mitglied und Funktionär diverser rechtsextremer Initiativen und Gruppen. So war Fritz nicht nur Gründungsmitglied der neonazistischen Nationaldemokratischen Partei (NDP), sondern bis 1978 auch ihr erster Landessprecher in Wien. In den 1980er Jahren bewarb er einen Auftritt des britischen Holocaustleugners David Irving, der letztendlich behördlich untersagt wurde. Aber bis heute scheint sich Fritz Holocaustleugnern verbunden fühlen. Anlässlich dessen Todes huldigte Fritz 2018 öffentlich seines Weggefährten und verurteilten Holocaustleugners Gerd Honsik.

Anfang der 1990er Jahre galt Herbert Fritz als Österreich-Korrespondent der „Deutschen Nationalzeitung“. Fritz war damals als Lehrer tätig, weswegen er im Jahr 1993 Thema einer parlamentarischen Anfrage an den  österreichischen Bildungsminister war. Darin hieß es: „Herbert Fritz ist seit mehr als 30 Jahren in der neonazistischen und rechtsextremen Szene Österreichs führend tätig, und er ist aus zahlreichen Publikationen, Zeitungen, Polizeiberichten und Gerichtsurteilen bekannt. Halten sie führende Rechtsextremisten/Neonazis als Lehrer für geeignet?“

In späteren Jahren machte sich Herbert Fritz in der extremen Rechten einen Namen als „Der Völkerfreund.“ Fritz’ rege Reisetätigkeit verarbeitete er in seiner eigenen Publikation mit demselben Namen. Seine sichtbarste Aktivität der letzten Jahrzehnte war seine publizistische Tätigkeit. Zuletzt schrieb Fritz für die rechtsextreme Zeitschrift „Info-Direkt“.

Reise nach Afghanistan

Noch im Frühjahr 2023 berichtete er ebendort von seiner Reise im Herbst 2022: „Ich wollte meinen letzten Abenteuerurlaub machen, bevor ich dann wirklich alt werde.“ „Mir selbst ein Bild machen“, betitelte die rechtsextreme Zeitschrift ein Interview zu Fritz’ Reise. Auf Telegram bewarb Info-Direkt den Reisebericht Ende Mai mit: „Afghanistan ist wieder sicher - trotzdem fliegt die deutsche Bundesregierung jeden Monat 4.000 Afghanen ein und treibt so den Bevölkerungsaustausch voran.“

Als Fritz, nach eigenen Angaben für die Recherche eines Buches, im Mai dann abermals nach Afghanistan aufbrach, saß dann aber schon seit einer Woche im „sicheren Afghanistan“ in Haft. Der Vorwurf: Spionage, wie Fritz’ Tochter zu berichten weiß. Ihm sei ein Foto mit dem afghanischen Oppositionellen Ahmad Schah Massoud zum Verhängnis geworden. Massoud war Anführer des Widerstands gegen die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Ein dort ebenso inhaftierter britischer Staatsbürger, der für eine NGO in Afghanistan arbeitete, lernte Fritz eigenen Angaben zufolge im Kabuler Gefängnis kennen. Er beurteilt Fritz’ körperlichen Zustand in Haft als schlecht: „Herbert ging es schon bei seiner Ankunft im Gefängnis nicht gut. Er hat viel Gewicht verloren. Mittlerweile hat er Anzeichen von Unterernährung.“ Ein Zugang zu Frischluft oder gar Sanitäranlagen sei schwierig. Rechtsextreme Medien sprechen mittlerweile von einem „lebensbedrohlichen Zustand.“

Wer unterstützt den Rechtsextremisten?

Zu Fritz’ Biographie passend unterstützt ihn allen voran die rechtsextreme Szene in seiner misslichen Lage: Unter den Unterzeichnenden der Petition finden sich nicht nur Funktionäre der deutschen NPD, sondern auch Kader der Identitären Bewegung Österreichs, bekannte Neonazis und Rechtsaußen-Funktionäre der FPÖ. Engagement zeigte auch der bekannte FPÖ-Nationalratsabgeordnete Martin Graf. Graf ist, ebenso wie Herbert Fritz, Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia.

Aber auch ein weiterer FPÖ-Grande springt für Fritz in die Bresche: Der frühere Abgeordnete des EU-Parlaments, Andreas Mölzer, reiste im September gar selbst nach Afghanistan. Mölzer und seine Begleiter wurden vom Außenminister des „Islamischen Emirat Afghanistan“, Amir Khan Muttaqi, empfangen. In einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ räumte Graf nicht nur das Ziel der Reise ein: Für die Freiheit Herbert Fritz’ zu werben, sondern gab sich auch optimistisch: „Unser Eindruck war, dass der Wille da wäre. Aber dieser Staat hat noch keine klare Struktur, das ist eine provisorische Regierung ohne Instanzenweg oder behördliche Zusammenarbeit. Alles sehr chaotisch.“

„Intensive Bemühungen“

Das österreichische Außenministerium schreibt auf Anfrage: „Herr F. ist trotz der seit Jahrzehnten bestehenden Reisewarnung im Mai nach Afghanistan gereist und wurde dort festgenommen. Wie unseren Reisehinweisen zu entnehmen ist, sind konsularische Hilfsleistungen in Afghanistan selbstredend nur sehr beschränkt möglich.“ Man bemühe sich aber „intensiv“ um seine Freilassung, so ein Ministeriums-Sprecher.

Bernhard Weidinger vom DÖW dazu: „So weit entfernt man Fritz weltanschaulich sein mag, und so ironisch seine Inhaftierung im ihm zufolge sicheren Afghanistan auch ist: Niemand sollte ohne fairen Prozess im Gefängnis sitzen, schon gar nicht in einem der Taliban, und schon gar nicht gesundheitlich beeinträchtigte, alte Menschen.“

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