Neue Stärke: Neonazis gründen neue Partei

Mit der Gründung einer neuen Partei wollen die Neonazis aus dem Verein „Neue Stärke“ ihr Betätigungsfeld ausbauen. Zudem soll der Aktionsradius vergrößert werden.

Mittwoch, 17. November 2021
Kai Budler

Neuzugang im Bereich der extrem rechten Parteien: Nach eigenen Angaben hat die ursprünglich aus Erfurt stammende Neonazi-Gruppierung „Neue Stärke“ eine Partei namens „Neue Stärke Partei“ gegründet. Auf einem Parteitag in Magdeburg wählten die Anwesenden am zweiten Novemberwochenende den langjährig aktiven Neonazi Michel Fischer aus Erfurt und Bryan Kahnes aus Gera als Bundesvorsitzende.

Stellvertreter wurden Enrico Biczysko aus Erfurt, Florian Grabowski aus dem rheinland-pfälzischen Wöllstein und Patrick Schmidt aus Magdeburg. Zum Vorstand gehören zudem zwölf Beisitzer. Angeblich hat die Partei, die sich dem „organisationsübergreifenden Widerstand“ verpflichtet fühlt, eine „mittlerweile dreistellige Mitgliederzahl“ und kann über „zwei Anlaufpunkte in Deutschland“ verfügen, einer davon soll sich in der Region Magdeburg befinden.

Verbandelt mit Der Dritte Weg

Vorläufer der neuen Partei war der 2015 eingetragene Erfurter Verein „Volksgemeinschaft e.V.“, der seit 2018 von Biczysko und Fischer geleitet wurde. Mit eigenen Räumlichkeiten in einer alten Kaufhalle im Erfurter Süden gewann der Verein schnell an Bedeutung für die überregionale Neonazi-Szene. Nachdem Neonazis aus dem Verein und seinem Umfeld 2018 an einem Aufmarsch der Partei Der Dritte Weg in Nordthüringen teilnahmen, trat Biczysko wenig später offiziell zum Dritten Weg über. Auch Fischer war seitdem im Look der neonazistischen Kleinstpartei zu sehen, die Aktivitäten als „Volksgemeinschaft e.V.“ kamen zum Erliegen.

Dafür wurden die Räumlichkeiten für Aktivitäten vom Dritten Weg genutzt, hinzu kamen Kampfsporttrainings der „Arbeitsgemeinschaft Körper & Geist“. Zudem errangen die Erfurter Neonazis als Dritter Weg-Kandidaten zur Kommunalwahl Sitze in Erfurter Ortsteilräten. Auch in der Nachfolgeorganisation „Neue Stärke“ waren Biczysko und Fischer seit Mitte 2020 als Vorsitzende tonangebend, sie mussten jedoch mit dem gerichtlich angeordneten Auszug aus der Erfurter Immobilie im Dezember 2020 einen herben Bedeutungsverlust hinnehmen.

Demo in Gera geplant

Noch kurz zuvor war es vor dem Haus zu einem rassistischen Überfall von zehn Personen auf drei Männer auf Guinea gekommen, die dabei teilweise schwer verletzt wurden. Im August 2021 erhob die Staatsanwaltschaft Erfurt deshalb Klage gegen neun Männer und eine Frau wegen gefährlicher Körperverletzung, gegen sieben weitere Beschuldigte wurde das Verfahren eingestellt.

Seit dem Auszug häufen sich auch die überregionalen Aktivitäten der Neonazis, die anfangs von Abteilungen in Erfurt und Gera sprachen. Nach ihren Angaben kamen nun auch Gruppen in Westfalen und Magdeburg hinzu, weitere Kontakte knüpfte die Thüringer Gruppe durch die Teilnahme unter anderem an Neonazi-Aufmärschen in Braunschweig, Ingelheim und Dessau.

Neben einem dürftig besuchten Aufmarsch in Weimar im August mobilisiert die Partei „Neue Stärke“ nun unter dem Motto „Kampfkultur – Gera will Zukunft – Gera muss erwachen“ für Mitte Dezember zu einem Aufzug in die Hochschulstadt im Osten Thüringens. Dagegen hat das Aktionsbündnis „Gera gegen rechts“ bereits Protest angekündigt.

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