Menschen mit Messern, Macheten und Äxten töten

Vor dem Oberlandesgericht in Jena ist der Prozess gegen drei Neonazis wegen Gründung, Mitgliedschaft in der kriminellen und terroristischen Vereinigung „Knockout 51“ und ihrer Unterstützung eröffnet worden. Nach ersten Urteilen im Sommer 2024 ist es das zweite Verfahren im „Knockout 51“-Komplex eröffnet worden.

Montag, 28. April 2025
Kai Budler
Der angeklagte frühere "Heimat"-Funktionär Patrick Wieschke auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger,  Foto: Kai Budler
Der angeklagte frühere "Heimat"-Funktionär Patrick Wieschke auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger, Foto: Kai Budler

Als Justizbeamte die Angeklagten Kevin N. und Marvin W. in den Sitzungssaal des Oberlandesgerichtes Jena (OLG) bringen, ist Patrick Wieschke als dritter Beschuldigter bereits da. Der langjährige Neonazi-Funktionär wurde im April 2024 aus der Untersuchungshaft entlassen – anders als N. und W., die aus zwei Justizvollzugsanstalten nach Jena gebracht werden müssen.

Im Publikum treffen sie auf zahlreiche Neonazis, die ihnen im Prozess den Rücken stärken wollen. Darunter befinden sich auch Leon R. und Eric. K., die im vergangenen Jahr im ersten „Knockout 51“-Prozess verurteilt wurden. Anders als in der ersten Runde, musste das OLG in diesem Fall die Anklage der terroristischen Vereinigung zulassen, nachdem die Generalbundesanwaltschaft (GBA) Beschwerde eingelegt hatte.

Waffen aus dem 3D-Drucker?

Doch bevor der Vertreter der GBA mit dem Verlesen der Anklageschrift starten kann, dauert es noch fast eine Stunde. Neben einer Besetzungsrüge zweier Anwälte beantragt Wieschkes Pflichtverteidiger Stephan Baitinger, das Verfahren gegen seinen Mandanten abzutrennen und gesondert zu verhandeln. Wieschke steht wegen Unterstützung von „Knockout 51“ als terroristische Vereinigung vor Gericht, er soll der Gruppierung Räume in der Zentrale der von NPD in „Die Heimat“ umbenannten Partei in Eisenach zur Verfügung bestellt haben, wo u.a. Waffen gelagert wurden.

Dem im Sommer 2024 verurteilten Leon R. soll er Zugriff auf den leistungsstarken Computer in der Zentrale gegeben haben, auf dem die Ermittler die Software für einen 3D-Drucker fanden. Mit einem solchen Drucker hatte R. Versucht, funktionsfähige Waffen herzustellen. Auch nach den ersten Verhaftungen von „Knockout 51“-Mitgliedern soll Wieschke Treffen in der Parteizentrale organisiert haben, um möglicher weiterer Repressionen vorzubeugen. Er selbst wurde im Dezember 2023 verhaftet. Zu diesem Zeitpunkt klickten auch für Kevin N. die Handschellen, der sich wegen Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen und terroristischen Vereinigung vor dem OLG verantworten muss.

Angriffe unter dem Deckmantel der Notwehr geplant

Der GBA wirft ihm vor, Rädelsführer und „vielfältig in führender Stelle“ beteiligt gewesen zu sein. Als Referent bei einschlägigen Vorträgen zu extrem rechten Themen bei Gruppentreffen habe er die Grundlage für das aktive Handeln von „Knockout 51“ gelegt. Die Gruppierung soll sich nach Einschätzung des GBA spätestens ab April 2021 von einer kriminellen zu einer terroristischen Vereinigung gewandelt und dabei auch geplant haben, politische Gegner*innen zu töten. Sie hätten Angriffe provozieren wollen, um unter dem Deckmantel der Notwehr Menschen mit Messern, Macheten und Äxten zu töten, ist sich der GBA sicher.

Wie real diese Absichten waren, zeigt sich an Marvin W., der wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen und terroristischen Vereinigung sowie Verstößen gegen das Waffenrecht vor Gericht steht. Unter anderem wollte der gelernte Schweißer mit den bereits verurteilten Leon R. und Maximilian A. im September 2021 eine Auseinandersetzung vor dem AJZ Erfurt provozieren, wo an diesem Abend ein Konzert stattfand.

In die Gegner*innen „reinhacken“

Ihr Ziel: Besucher*innen, die möglicherweise aus dem Gebäude kommen könnten, mit Messern, einer Machete und einer Axt angreifen und in die Gegner*innen „reinhacken“, wie R. es nannte. Der jetzt angeklagte W. sollte das Auto laufen lassen und gezielt mögliche Angreifer*innen überfahren: „Sollten hier irgendwie 10-15 Zecken auftauchen, einmal rein“, wird R. in den Akten zitiert.

Die drei Angeklagten wollten sich vorerst nicht zu den Vorwürfen äußern, nach der Verlesung der Anklageschrift steigt das Gericht nun in eine umfangreiche Beweisaufnahme ein. Für den Prozess vor dem ersten Strafsenat des OLG sind Termine bis Mitte Dezember anberaumt.

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