Kommunalwahlen
Kommunalwahlen im Osten: Wahlergebnisse rechter Parteien
Neben der Europawahl fanden am Sonntag in vielen Bundesländern auch die Kommunalwahlen statt. Ein Blick auf die Wahlergebnisse in den vier ostdeutschen Bundesländern – Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Klarer Sieger ist die AfD, vereinzelt konnten auch Neonazis Sitze erringen.
Sachsen
Die AfD ging in Sachsen als stärkste Kraft aus den Kommunalwahlen hervor. Ihre besten Ergebnisse erzielte sie dabei in Ostsachsen. Im Landkreis Görlitz kommt sie mit über 12 Prozent Abstand zur zweitplatzierten CDU auf über 36 Prozent der Stimmen. Ähnlich viel Prozent gab es mit knapp 35 Prozent im Nachbarlandkreis Bautzen. Hier landete die Union „nur“ knapp 8 Prozent hinter der AfD, was nochmal ein Zugewinn von etwa 6 Prozent bedeutet. Stärkste Kraft mit knapp über 30 Prozent wird die AfD auch in den Landkreisen Meißen, Mittel- und Nordsachsen. Auch das bedeutet eine kräftige Steigerung bis teilweise über 10 Prozent. Im Erzgebirge und Vogtlandkreis kam die Union der AfD prozentual am nächsten.
Als Erfolg verbuchen auch die rechtsextremen Freien Sachsen die Kommunalwahl. Sie zogen laut eigenen Angaben in alle Kreistage ein, sowie in die Stadtvertretungen der Großstädte Leipzig, Dresden und Chemnitz. In der früheren Karl-Marx-Stadt holte die Partei knapp 5 Prozent der Stimmen. Listenführer war hier der rechtsextreme Szeneanwalt Martin Kohlmann, die zweitmeisten Stimmen auf der Liste holte der Kameradschaftsaktivist Robert Andres. Angetreten war dort auch Rechtsrock-Unternehmer Yves Rahmel und Michael Brück, deren Stimmergebnis jedoch nicht für einen der drei Sitze im Stadtrat reicht. Brück, der unter der Berufsbezeichnung „Fraktionsgeschäftsführer“ antrat, dürfte aber als einziger Kandidat von „Pro Chemnitz Deutsch-Soziale Union“ in einen Ortschaftsrat eingezogen sein.
Der Pro-Putin-Block aus AfD (stärkste Kraft mit 24 Prozent) und das drittplatzierte links-autoritäre „Bündnis Sahra Wagenknecht“ mit 15 Prozent kommen in Chemnitz auf 44 Prozent. Teil des Stadtrates wird für die AfD der frühere Bundestagsabgeordnete Bernd Ulrich Oehme sein, der 2017 schon die verbotene SA-Parole auf Wahlplakaten verwendet hatte, wegen der Björn Höcke kürzlich vor Gericht stand. Bei Oehme wurde das Verfahren wegen nicht nachzuweisender Kenntnis des Verbots eingestellt.
In Heidenau, bekannt durch rassistische Ausschreitungen 2015, zog mit Max Schreiber ein Neonazi aus der Führungsmannschaft der Freien Sachsen in den Stadtrat ein. Kampflos geräumt hat dagegen die Neonazi-Kleinstpartei Dritter Weg den 2019 errungenen Sitz im Stadtrat in Plauen und im Kreistag des Vogtlandkreises. Die aus verbotenen Kameradschafts-Netzwerken hervorgegangene Organisation war hier nicht wieder angetreten. Zuletzt waren Meldungen bekannt geworden, wonach auch die dortige Immobilie zum Verkauf stehen soll. Stärkste Kraft in Plauen wurde die AfD mit 28 Prozent und auch im Kreistag landete die Partei knapp vor der CDU auf Platz 1.
Sachsen-Anhalt
Bei der Kommunalwahl in Sachsen-Anhalt konnte die in dem Bundesland als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD dem ostdeutschen Trend folgend die stärkste Kraft in den meisten Kreisen und kreisfreien Städten werden. In den restlichen Gebietskörpern landet sie jeweils – teils knapp – hinter der CDU. In fünf Gebieten holte sie über 30 Prozent der Stimmen, Spitzenreiter war hier 34,1 Prozent im Saalekreis, 21,2 Prozent reichten dagegen, um in Halle knapp vor der CDU stärkste Kraft im Stadtrat zu werden.
Nennenswerte Konkurrenz durch das linksautoritäre BSW gab es in dem Bundesland nicht. Vereinzelt tauchen in den Ergebnisübersichten die aus der Pandemieleugner-Szene hervorgegangen Partei „Die Basis“ auf, die jeweils nur knapp über 1 Prozent der Stimmen holen konnte. In Halle reichten 1,1 Prozent für einen Sitz im Stadtrat. Für die AfD wird in Halle der wegen antisemitischer Äußerungen 2019 als Stadtrat zurückgetretene Donatus Schmidt wieder ins Gremium einziehen.
Die frühere NPD, jetzt „Die Heimat“, erhielt im Kreis Wittenberg 0,8 Prozent, ein leichter Rückgang gegenüber 2019. Die AfD konnte hier noch mal um über elf Prozent gegenüber der letzten Wahl zulegen. Im Landkreis Stendal gelang der AfD ein Zuwachs von 15 Prozent und damit fast eine Verdoppelung des letzten Ergebnisses. Auch im Jerichower Land gelang der AfD ein ähnlicher Zuwachs von 14 auf 28 Prozent. Am geringsten waren die Zugewinne für die AfD in den kreisfreien Städten Dessau-Roßlau, Halle und Magdeburg, wo es jeweils „nur“ knapp unter zehn Prozent Zugewinn gab.
Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern wurden die Kreistage, die Stadt- und Gemeindevertretungen sowie die ehrenamtlichen Bürgermeister neu gewählt. Als Wahlsieger kann sich auch im Nordosten die AfD sehen, die auf Kreistagsebene 25,6 Prozent einfuhr und stärkste Kraft wurde – nahezu eine Verdoppelung gegenüber der letzten Kommunalwahl 2019. Damals kam die Partei auf 74 Sitze, nun sind es 136, was einer Steigerung von rund 84 Prozent entspricht.
In beiden kreisfreien Städten – sowohl in Schwerin als auch in Rostock – konnte die AfD die meisten Stimmen einfahren. In der Stadtvertretung Schwerin konnte die Anzahl der Sitze von sieben auf nunmehr zwölf ausgebaut werden. Neu vertreten ist dort Leif-Erik Holm, der nicht nur Bundestagsabgeordneter und Landesvorsitzender der AfD ist, sondern nun auch Kommunalpolitiker.
17,5 Prozent fuhr die AfD in Rostock, der größten Stadt des Bundeslandes, ein, was das schlechteste Ergebnis darstellt und dennoch reichte, um knapp vor der CDU, gefolgt von der Linken und der SPD, zu landen. Die AfD war dort die letzten Jahre tief zerstritten, die Fraktion zerbrach nach kurzer Zeit, die Partei war jahrelang kaum wahrnehmbar. Die neuen Mitglieder der Bürgerschaft sind größtenteils politische Neulinge ohne jegliche kommunalpolitische Erfahrung.
Das beste Ergebnis konnte mit 29,8 Prozent im Landkreis Mecklenburgische Seeplatte erzielt werden, die Anzahl der Sitze von 13 auf 23 ausgebaut werden. Danach folgt für die AfD der Kreis Vorpommern-Greifswald mit 29,6 Prozent und einem Zugewinn von neun Sitzen auf insgesamt 21.
Noch hinter der CDU landete die AfD im Landkreis Vorpommern-Rügen mit 25,7 Prozent und einer Steigerung von zehn auf 18 Sitze. Ebenso reichte es in Nordwestwecklenburg nur für Platz zwei – dennoch einhergehend mit einer Verdoppelung der Plätze im Kreistag von acht auf 16. Ein neuer Vertreter der dortigen AfD ist der frisch gewählte Kommunalpolitiker Haik Jaeger. Der Mann war (?) Nordkreuz-Mitglied und 2017 von einer Razzia des Generalbundesanwalts betroffen. Es wurde ermittelt wegen der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Die Ermittlungen wurden nach mehreren Jahren eingestellt. Der Polizeibeamte trat zudem in Neukloster an und kam dort auf die meisten Stimmen aller Kandidaten.
Im Landkreis Ludwigslust-Parchim konnte die AfD 23,9 Prozent einfahren und landete knapp hinter der CDU. Nach vormals zehn Sitzen kommt die AfD nun auf 19 Sitze im dortigen Kreistag. Verloren ging hingegen mit nur 1,3 Prozent die Fraktion „Heimat und Identität“, die sich aus ehemaligen AfD-Mitgliedern, darunter Ex-Landesvorsitzender Dennis Augustin, und dem „Die Heimat“-Landeschef Stefan Köster zusammengesetzt hatte. Köster hatte ebenfalls – erfolglos – für die rechtsextreme Wählergemeinschaft kandidiert. Auch die Stelle des Neonazi-Fraktionsgeschäftsführers Adrian Wasner gibt es somit nicht mehr. Andreas Theißen, langjähriger NPD-Kader, zog für die Wählergemeinschaft hingegen in den Kreistag als auch in die Stadtvertretung von Lübtheen ein. Dennis Augustin, der sich in den letzten Jahren immer mehr der neonazistischen „Heimat“ annäherte, konnte einen Sitz in der Stadtvertretung von Ludwigslust erringen.
Die beiden früheren NPD-Landtagsabgeordneten David Petereit und Michael Andrejewski erlangten jeweils einen Sitz im Kreistag Landkreis Rostock beziehungsweise Vorpommern-Greifswald. Frühere Zeiten, zu denen die Neonazis noch in Fraktionsstärke in den Kreistagen saßen, sind hingegen längst vorbei.
Auf Gemeindeebene konnten vereinzelt Neonazis in die jeweiligen Vertretungen einziehen. In Gägelow fand sich wie bereits 2019 die „Wählergemeinschaft Heimatliebe“ (zuvor „Wählergemeinschaft Heimat“) auf dem Stimmzettel wieder. Der umtriebige Sven Krüger aus Jamel, bei dem es zuletzt eine Hausdurchsuchung im Rahmen des Hammerskins-Verbotes gab, erlangte dort nach Auszählung von drei der vier Wahlbereiche mehr Stimmen als jeder andere Kandidat. Womöglich reicht es für einen zweiten Sitzung in der Gemeindevertretung.
Auch in der Gemeinde Groß Krams können bei 134 Wahlberechtigten die beiden Rechtsextremisten Sebastian Richter, früherer Bundesvorsitzender der „Jungen Nationalisten“ (zuvor „Junge Nationaldemokraten“) sowie Ragnar Böhm zwei der insgesamt sechs Sitze auf sich vereinen.
Fast wäre in der vorpommerschen Gemeinde Klein Bünzow der langjährige NPD/“Die Heimat“-Kader Alexander Wendt als Bürgermeister-Kandidat zugelassen worden. Eine Beschwerde gegen seine Zulassung wurde bei zwei Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen nur knapp angenommen. Dafür reichte es erneut für die Gemeindevertretung – kein demokratischer Kandidat konnte mehr Stimmen verbuchen als der Neonazi-Aktivist.
Brandenburg
25,7 Prozent der Stimmen waren es am Ende für die AfD in Brandenburg, das reicht, um auch in dem Bundesland auf Kreistagsebene stärkste Kraft vor der CDU und SPD zu werden. Konkret bedeutet dies über eine Million Stimmen für die dort durch den Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführte AfD. Eine Steigerung von knapp zehn Prozent gegenüber der letzten Wahl vor fünf Jahren.
Bis auf den Landkreis Potsdam-Mittelmark, wo die CDU die meisten Stimmen einfuhr und Potsdam, wo die SPD die meisten Sitze in der Stadtverordnetenversammlung auf sich vereinte, liegt die AfD in den übrigen dreizehn Landkreisen sowie drei Städten vorne. Ihr bestes Ergebnis mit 38,2 Prozent gelang der Partei um den Landesvorsitzenden René Springer im Landkreis Spree-Neiße. 19 Sitze konnte die AfD dort einfahren, fast doppelt so viele wie die zweitplatzierte CDU.
Weitere Landkreise, in denen die AfD hohe Zustimmungswerte verbuchen konnte, sind Oberspreewald-Lausitz mit 31,8 Prozent, die Uckermark mit 31,1 Prozent sowie Oder-Spree, wo die AfD 30,2 Prozent verbuchen konnte.
Vereinzelt schafften auch Neonazis den Sprung in den Kreistag. Zwar kam „Die Heimat“ landesweit auf nur noch 0,2 Prozent, was einem Rückgang von 0,4 Prozent gegenüber der letzten Wahl entspricht. Für den Bundesgeschäftsführer Klaus Beier reichte es jedoch für einen Sitz im Kreistag Oder-Spree sowie für Thomas Gürtler im Kreistag Oberspreewald-Lausitz.
Für den neonazistischen Dritten Weg kandidierte der Bundesvorsitzende Matthias Fischer im Landkreis Uckermark, erreichte jedoch nicht genug Stimmen. Mario Schulz sitzt für die Partei jedoch zukünftig im Kreistag Prignitz. Der Rechtsextremist hatte mit dem Slogan „Priginitzer Bauern misten aus“ für Aufsehen gesorgt. Es zeigt den Bauern auf einem Plakat mit einer Mistgabel in der Hand – bereits die Nationalsozialisten warben seinerzeit mit einem sehr ähnlichen Aufmacher.
Thüringen
Die Kommunalwahlen in Thüringen fanden bereits vor zwei Wochen statt, so dass es am vergangenen Sonntag lediglich zu Stichwahlen bei den Landratswahlen kam. In keinem einzigen Landkreis konnten sich jedoch AfD-Bewerber durchsetzen, in den meisten Fällen wird es CDU-Landräte geben.
Für bundesweites Aufsehen hatte die erneute Kandidatur des Thüringer Neonazi-Unternehmers Tommy Frenck gegeben, der es im Kreis Hildburghausen in die Stichwahl geschafft hatte. Nach 24,9 Prozent in der ersten Runde fuhr Frenck am Sonntagabend 31,1 Prozent ein. Der dortige CDU-Kreisverband hatte sich gegen einen Wahlaufruf für den demokratischen Bewerber entschieden, was für viel Kritik sorgte.