Rezension
Hoffnungen auf eine Querfront – ein gescheiterter politiktheoretischer Versuch
Manfred Kleine-Hartlage, ein umtriebiger Autor zwischen „Compact-Magazin“ und „Verlag Antaios“, legt eine neue Monographie über eine „Querfront!“ dar. Er sieht in einer Kooperation von „links“ und „rechts“ die letzte Möglichkeit, die angeblich bestehende Herrschaft eines „Macht-Kartells“ zu überwinden. Dabei vermag er aber nicht, Ansätze für ein erhofftes Bündnis in Theorie wie Praxis zu benennen.

Innerhalb des neueren Rechtsextremismus artikulieren sich immer mehr Stimmen, die für eine Querfront von „links“ und „rechts“ werben. Das geschieht insbesondere im Umfeld des „Compact-Magazin“, wo man sich etwa als neue Bundeskanzlerin Sahra Wagenknecht wünscht. Mitunter kommen die Anhänger solcher Bündnisoptionen selbst von „links“. Dies gilt für „Compact“-Herausgeber Jürgen Elsässer, der mal im „Kommunistischen Bund“ war und für die „Junge Welt“ schrieb.
Dies gilt auch für Manfred Kleine-Hartlage, der mit seinem Buch „Warum ich kein Linker mehr bin“ eine persönliche wie politische Vergangenheitsaufarbeitung vorlegte. Er schreibt heute Artikel für das „Compact-Magazin“ und Monographien für den „Verlag Antaios“. Ein neues Buch „Querfront! Die letzte Chance der deutschen Demokratie“ erschien jetzt im neu gegründeten „Verlag der 300“. Darin wirbt der Autor für Bündnisse eben von „links“ und „rechts“ gegen ein angebliches „Machtkartell“, das nur noch aufgehalten werden könne durch ein „lagerübergreifendes Zusammenwirken“.
Keine Aufmerksamkeit für historische Erfahrungen
Der Autor braucht für seine Erörterung über 200 Seiten, wobei er erst auf den letzten 20 Seiten zum eigentlichen Thema kommt. Da politiktheoretische Ansprüche von Kleine-Hartlage postuliert werden, mag dies in Ansätzen noch nachvollziehbar sein, empirisch und konzeptionell lässt sich aber sein Scheitern wahrnehmen. Aufmerksamkeit verdient in dem Band zunächst das, was an erwartbaren Inhalten fehlt: eine genauere Erörterung von bisherigen Querfront-Projekten und ihrem Scheitern. Historische Beispiele sind noch nicht einmal kurz ein Thema.
Dafür beklagt der Autor die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten, die durch die Existenz eines politischen „Kartells“ aller politischen Parteien bestünden. Lediglich für die AfD im Bundestag macht er eine Ausnahme. Und dann erörtert Kleine-Hartlage die Identität und Lage von „Linken“ und „Rechten“, wobei die Ablehnung der Erstgenannten erst die „Rechten“ möglich mache. Für die Gesellschaft träumten „Linke“ von der Planbarkeit, was „Rechte“ dann wieder negierten. Wie es dann aber genau zu Bündnissen kommen könnte, thematisiert Kleine-Hartlage nicht näher.
Frage nach einem Interesse von „Linken“ an einer Zusammenarbeit
Auch die Akteure einer möglichen Querfront werden nicht identifiziert, würden diese doch weder die AfD in Gänze noch die Linke als Partei sein. Mit „Mainstreamkonservativen“ und „Mainstreamlinken“, so seine Formulierungen, solle es keine Verbindungen geben. Dann bliebe im Bereich der Linken nur noch das Wagenknecht-Umfeld, während aus der AfD nur ein nicht näher definierter Flügel für eine solche Kooperation relevant wäre. Erst ganz am Ende seiner Monographie geht es darum, dass durch Koalitionsbildungen wohl noch nicht einmal Mehrheitsbildungen möglich werden könnten.
Berücksichtigt man dabei seine frühere Anmerkung, wonach als Akteure ohnehin nur Parteiteile dafür relevant wären, wirkt der ganze Ansatz noch unwahrscheinlicher. Andere Alternativszenarien, wozu ein Aufstand von unten, eine Invasion von außen oder ein Staatsstreich von innen zählen, werden nur kurz genannt. Eine ausführlichere Erörterung dieser Szenarien erfolgt dann ebenfalls nicht. Damit hängt das ganze Anliegen in der Luft, für eine reale „Querfront“ werden keine wirklichen Perspektiven aufgezeigt.
Als Ansatzpunkte in der Debatte gelten meist gemeinsame Demonstrationsteilnahmen von „links“ und „rechts“, wobei aber partiell Einzelpersonen und nicht komplette Organisationen kooperieren. Eine „Basis-Querfront“, worauf Kleine-Hartlage gegenwärtig setzt, hat bislang noch keine sonderliche Relevanz entfaltet. Berechtigt konstatiert der Autor bei Linken bestehende Vorbehalte, die noch eine Kooperation wie bei einer Querfront verhindern würden. Doch welches Interesse sollten denn Linke ernsthaft an Rechten für eine Zusammenarbeit haben? Der erwähnten Hoffnungsträgerin geht es allenfalls um die Rückgewinnung von Wählerstimmen, warum die AfD ein ernsthafter Kooperationspartner für Wagenknecht sein soll, erschließt sich aus den Erörterungen von Kleine-Hartlage nicht. Er macht berechtigt auf einen grundlegenden Dissens von links und rechts aufmerksam, der auch nur partielle Kooperationen verhindern würde. Sein Buch steht insofern für eine weitere Hand von rechts, von links dürfte sie wohl schwerlich ergriffen werden. Einschlägige Bemühungen lassen sich seit Jahren ebenso wie deren Scheitern konstatieren.