Rezension

„Geschichte der deutschen Nachkriegsrechten“ mit sympathisierender Schlagseite

Mit großer Ankündigung erschien im „Junge Freiheit-Verlag“ „Zwischen Reich und Republik. Geschichte der deutschen Nachkriegsrechten“ von Karlheinz Weißmann. Solange deren Akteure angeblich den Nationalsozialismus ablehnten, gelten sie als akzeptable politische Kräfte, deren antidemokratische Orientierung dann nicht thematisiert wird.  

 

Dienstag, 10. Dezember 2024
Armin Pfahl-Traughber
Karlheinz Weißmann im Gespräch mit der "Jungen Freiheit" zu seinem neuen Buch, Foto: Screenshot
Karlheinz Weißmann im Gespräch mit der "Jungen Freiheit" zu seinem neuen Buch, Foto: Screenshot

Mit großen Buchstaben kündigte die „Junge Freiheit“ (JF) jüngst auf ihrer Titelseite den neuen Weißmann an. Gemeint ist damit der Historiker und Publizist Karlheinz Weißmann, der für das Blatt als dessen theoretischer Kopf gilt. Sein neues Buch „Zwischen Reich und Republik. Geschichte der deutschen Nachkriegsrechten“ erschien gerade in der „JF Edition“. In der gedruckten Ausgabe der JF gab es ein einseitiges Interview, ein fast zweistündiges Gespräch folgte dann im „JF-TV“ als Video.

Geworben wird ansonsten mit folgender Botschaft auf dem Klappentext: Eine Art weißer Fleck sei die deutsche Nachkriegsrechte, denn die bisherige Literatur diene nur zur Verurteilung. Da bedürfe es eines echten Erkenntnisinteresses, eben durch einen Historiker mit dessen wissenschaftlichem Werkzeug. Allein diese Ankündigung steht indessen selbst für eine ideologische Schlagseite, denn einerseits wird die auf antidemokratische Ausrichtungen fixierte kritische Literatur pauschal verworfen, während die affirmative Darstellung als echtes Erkenntnisinteresse gilt.

Auch ein Nicht-Nationalsozialist kann ein Rechtsextremist sein

Zwar ist die Beschreibung eher an der Chronologie der Ereignisse orientiert, gleichwohl gibt es einseitige Deutungen durchgängig in den Kapiteln angesichts einer bestimmten Perspektive. Sie hat folgende inhaltliche Grundlage bei Weißmann: Überwiegend sei eine Distanz gegenüber dem Nationalsozialismus bei der politischen Rechten präsent gewesen. Ausnahmen wären eben Ausnahmen, etwa der in den 1980er Jahren aufkommende „Neo-Nationalsozialismus“ oder die frühere „Sozialistische Reichspartei“ (SRP) als „Ultras“.

Keine Berücksichtigung findet bei den entsprechenden Darstellungen, dass eben nicht nur die Nähe zum Nationalsozialismus bei der Rechten problematisch ist. Der entscheidende Aspekt für viele kritische Betrachtungen gilt der negativen Einstellung gegenüber Grundprinzipien, welche die Basiswerte einer modernen Demokratie und pluralistischen Gesellschaft bilden. Aber genau diese Blickrichtung ist für die Darstellung von Weißmann nicht relevant. Sie besteht in der Einsicht: Auch ein Nicht-Nationalsozialist kann ein Rechtsextremist sein.

Keine Beachtung der wissenschaftlichen Fachliteratur

Die einschlägige Fachliteratur dazu wird gar nicht zur Kenntnis genommen, in den Fußnoten tauchen einschlägige Titel noch nicht einmal auf. Demnach findet auch keine inhaltliche Auseinandersetzung mit deren Deutungen statt, würde dies doch sehr schnell die Fehlerhaftigkeit des Grundansatzes von Weißmann veranschaulichen. Er liefert demgegenüber eine beschreibende Darstellung, garniert mit vielen Fotos. Mitunter kann man aus heutiger Betrachtung gelegentlich schmunzeln, etwa bei einem CDU-Plakat von 1946: „Christentum, Demokratie, Sozialismus, dies sind unsere Ziele!“ oder irritiert sein bei einem FDP-Plakat von 1948: „Der Zusammenschluß aller Kräfte im Kampf um das Reich ist erfolgt!“.

Ansonsten gibt es Darstellungen zu einschlägigen Organisationen, etwa zur „Deutschen Reichspartei“ (DRP) oder der frühen NPD, jeweils ergänzt durch Fotos von und Informationen über deren Vorsitzende. An tiefergehenden Analysen mangelt es bei Weißmann indessen.

Keine wirkliche Analyse – noch nicht einmal zu strategischen Fragen

Negativ kommentiert wird häufig die CDU, insbesondere deren „Modernisierer“, wobei die Aversion von Adenauer über Kohl bis Merkel reicht. Konsequenterweise kommt demgegenüber die AfD besser weg, indessen ohne eine ausführlichere Erörterung dazu vorzulegen. Überhaupt weicht der Autor immer bei relevanten Fragen vor einer Positionierung zurück. Er reflektiert auch nicht mit klaren Kriterien darüber, worin für die jeweiligen „Rechten“ die Spezifika bestanden.

Auch sind die Erfolgsbedingungen kein wirkliches Thema, noch nicht einmal um der Optionen für einschlägige Strategien willen ist dies für Weißmann interessant. Dazu haben sich jüngere Autoren der Neuen Rechten intensiver positioniert, womit der Historiker hinter deren formales Niveau zurückfällt. Es geht in dem Band auch nicht um das echte Erkenntnisinteresse des Historikers, wie der Klappentext suggeriert, sondern gegenüber der „Nachkriegsrechten“ um eine entschuldigendes und relativierendes Thematisieren.

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