„Für die Freiheit in den Tod gegangen“
Gedenkveranstaltung der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland für den Sprengstoffattentäter und Freikorps-Anhänger Schlageter. Unter den Teilnehmern sind auch einige ältere Herren.
Björn Clemens, Rechtsanwalt aus Düsseldorf, trug nicht nur schwarz, er war auch sichtlich enttäuscht. Dem Aufruf der extrem rechten „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO) zum Gedenken des 85. Todestages von Freikorpskämpfer Albert Leo Schlageter waren nur knapp über dreißig Anhänger gefolgt. Jeder einzelne Teilnehmer wurde von Anmelder Clemens begrüßt. Unter ihnen Martin Laus, der Kreisvorsitzende der NPD Düsseldorf-Mettmann und das JLO-Bundes-vorstandsmitglied Dirk Pott. Mit dem Taxi fuhr der Sänger der Neonazi-Band „Oidoxie“, Marko Gottschalk vor. Clemens hatte ihn kürzlich vor Gericht verteidigt. Gottschalk schien sich mit der Bedienung der Lautsprecheranlage zu revanchieren. Wohl fühlte sich der stark tätowierte Glatzkopf in den Reihen von Scheitel-, und Trenchcoatträgern sowie älteren Herrschaften um Hajo Herrmann scheinbar nicht. Seine Begleitung war weiblich und eine der ganz wenigen Frauen, die teilnahmen. Die blonde Frau mit Pferdeschwanz und Tattoos an den Armen trug ein schwarzes T-Shirt, auf der Brust prangte gut sichtbar der Schriftzug „arisch“.
Lautstarker Protest dröhnte von der nahen Gegenkundgebung zu den extrem Rechten am „39er Denkmal“ auf dem Reeser Platz im noblen Stadtteil Golzheim herüber. 700 Polizeibeamte schützten sie. Die JLO-Anhänger in weißen Hemden oder mit Schlipsen gaben sich elitär. Clemens telefonierte noch einige Mal herum. Um 15.00 Uhr begann die Ehrung für Schlageter, einen Freikorps-Anhänger, der während der französischen Ruhrbesetzung Sprengstoffanschläge auf eine Bahnlinie verübt hatte und dafür 1923 hingerichtet worden war. Die Nationalsozialisten verklärten ihn später zur Märtyrerfigur.
Auch für Rechtsanwalt Clemens war Schlageter „ein ganz grundehrlicher Mann“, wie er betonte, der „für die Freiheit unseres Volkes in den Tod gegangen ist“. Immer wieder störte sich Clemens am lautstarken Protest der Gegendemonstranten.
Dirk Pott vom Bundesvorstand der JLO, der auch in Steinbrücken in Sachsen-Anhalt einen Bauernhof als Veranstaltungszentrum mitbetreibt, sprach eher leise und zurückhaltend. Er ehrte Schlageter als „eine Persönlichkeit der jüngeren deutschen Geschichte“ und bezeichnete die JLO als einen „Jugendverband, der sich dem fremdbesetzten Osten unseres Vaterlandes in besonderer Weise verbunden fühlt“. Er würdigte die angeblichen Verdienste der Freikorpssoldaten als „Abwehr polnischer Expansionsgelüste“. Pott möchte Schlageters Einsatz „um ein selbstbestimmtes Eigenleben unseres Volkes in gerechten Grenzen mit den Waffen des Geistes“ fortzuführen.
Danach kündigte Clemens den Hauptredner der Veranstaltung, den 94-jährigen ehemaligen Jagdflieger und Rechtsanwalt Hajo Herrmann an, der habe „Hunderten und Tausenden Deutschen das Leben gerettet im Kampf gegen die alliierten Terrorflieger“. Herrmann engagiert sich im „Verein Gedächtnisstätte“, der von Ursula Haverbeck aus Vlotho mitgegründet wurde. Herrmann betonte, dass er sich Schlageter besonders verpflichtet fühle: „Uns wurde schon in der Schule eingepflanzt, was dieser Mann für das deutsche Volk an Opfermut aufgebracht hat“.
Nach Beendigung der Veranstaltung konnten die Rechten den Platz nicht sofort verlassen. Einige ältere Herren kamen auf die Journalisten zu, unter ihnen Joachim Schäfer. Schäfer brüstete sich damit, bereits mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt worden zu sein. Der unbelehrbare Revisionist sagte in die Kamera: „Ja, doch Auschwitz hat es gegeben, aber keine Gaskammern in Auschwitz“. Stolz hebt er hervor, auch das Bundesverfassungsgericht von seinen gefährlichen politischen Ansichten in Kenntnis gesetzt zu haben. In seinem Schreiben will er dargelegt haben, dass Auschwitz kein Vernichtungslager war und es dort „keine auslöschenden Gaskammern“ gab, berichtet Schäfer vor laufender Kamera. Den Brief habe er vor rund drei Jahren abgeschickt, provozierend schließt der alte Mann: „Aber Sie sehen ja, ich laufe noch frei herum“.