Wolfgang Gedeon
Ex-AfD-Landtagsabgeordneter auf antisemitischen Pfaden
Der frühere AfD-Politiker Wolfgang Gedeon, bis 2021 noch Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, hat eine Broschüre mit dem Titel „Grundsätzliches über Antisemitismus und den israelischen Staatsterrorismus“ veröffentlicht und macht mit den gleichen kruden Behauptungen weiter, die bereits zu seinem Parteiausschluss geführt hatten.
Im Laufe der Jahre ist Gedeon immer wieder mit antisemitischen Ausfällen aufgefallen. In Pamphleten schwadronierte er über eine „zionistische Weltverschwörung“, verharmloste den Holocaust als „gewisse Schandtat“ und bezeichnete Holocaust-Leugner als „Dissidenten“. In seinem neuesten Machwerk „Grundsätzliches über Antisemitismus und den israelischen Staatsterrorismus. Wie hilfreich ist die `Katechismus-Debatte´ der Soziologen?“ schreibt Gedeon einleitend: „Der israelische Terrorkrieg im Nahen Osten verändert weltweit die Einstellung zu Israel und den Juden. Antisemitismus bzw. das, was die Juden so nennen, nimmt im Zeitraffer zu.“
Ausgangspunkt der 25-seitigen Broschüre ist der Aufsatz „Der Katechismus der Deutschen“, den der in den USA lehrende australische Genozidforscher A. Dirk Moses im Mai 2021 veröffentlicht hat. Unter dessen „Ägide“, so Gedeon, „wird das bisher geltende Paradigma der Holocaust-Diskussion grundsätzlich in Frage gestellt. Aus sog. postkolonialer Sicht werden Singularität und Spezifität des Holocaust bestritten und dieser als eines von diversen anderen Verbrechen des Kolonialismus behandelt.“
Antisemitische Gedankenwelt
Gedeon macht sich die postkoloniale Sichtweise von Moses immer dann zu eigen, wenn sie ihm zur Untermauerung seiner antisemitischen und rechtsextremen Gedankenwelt passend erscheint. In „Der Katechismus der Deutschen“ wendet sich Moses gegen die in der Bundesrepublik Deutschland angeblich kultische Beschäftigung mit dem Holocaust („Zivilreligion“), die angebliche Abwertung anderer, vor allem kolonialer Großverbrechen und die angeblich reflexartige Unterstützung des Staates Israel.
Gedeon führt aus, der „Katechismus“ sei für „die Deutschen ein demütigender Gesslerhut und so politisch ein Dreh- und Angelpunkt für die geistige Befreiung.“ Auch in seinen neuesten Ausführungen schwadroniert Gedeon über die industrielle Massenvernichtung von Millionen jüdischer Menschen: „Gerade beim Thema Holocaust versucht die zionistische Seite, den Deutschen eine ewige Verantwortung für Juden und Israel aufs Auge zu drücken.“
Gedeon mit Kritik am Volksverhetzungsparagrafen
„So ethnisiert man Schuld und biologisiert sie: `Tätervolk´ und ähnliche Hetzbegriffe hören wir immer wieder von Zionisten und anderen antideutschen Rassisten – Volksverhetzung im wahrsten Sinne des Wortes!“ Gedeon diffamiert „Holocaust-Gedenken“ als „Zivilreligion“; dieser „Erinnerungskult“ sei ein „Triumph des Zionismus in Deutschland“.
Die Verurteilung von notorischen Holocaust-Leugnern wie Horst Mahler und Ursula Haverbeck beklagt Gedeon als „totalitäre Gesinnungsjustiz“. An anderer Stelle schreibt er: „Den Definitionsterror zionistischer Think Tanks und Lobbyorganisationen verwandelt (...) die deutsche Politik in Justiz- und Polizeiterror, der vor allem über den „Volksverhetzungsparagraphen“ & 130 StGB praktisch ausgeübt wird.“
Feindbild: katholische Kirche
Der Autor behauptet, dass die „sog. deutsche Erinnerungskultur (..) von Anfang an einseitig und antideutsch“ gewesen sei. Diffamierend spricht er von einer „moralisch verwahrloste(n) deutsche(n) Politikerkaste“. Antisemitismusforschung wertet er als „Ideologie“ ab und führt aus: „Ein Großteil dieser Antisemitismusforschung“ sei „nichts anderes als wissenschaftlich kostümierter zionistischer Lobbyismus.“ Verächtlich spricht Gedeon von der „zionismushörigen politischen Klasse Deutschlands“.
Gegen Ende seiner Broschüre stellt der 77-Jährige die Frage nach „Schlussforderungen“ aus der „Katechismus-Debatte“. Er ruft zur „Dejustitiabilisierung“ auf: „Über den Paragraphen 130 StGB wird strafrechtlich in großem Maß Meinungsfreiheit beseitigt und Meinungstotalitarismus praktiziert.“ Gedeon wähnt die Bundesrepublik auf dem Weg in eine „totalitäre Demokratie“, einen Staat, „der demokratische Rituale missbraucht, um seinen zionistisch-repressiven Charakter zu verschleiern: demokratisch in der Form, autoritär und totalitär im Inhalt!“
Ein Feindbild von Gedeon scheint auch die heutige katholische Kirche („Hilfsinstitution der Menschenrechtskommunisten.“) zu sein. Diese habe beim Zweiten Vatikanischen Konzil eine „Kernschmelze ihres christlichen Glaubens ausgelöst und damit ihr geistiges Fundament eingerissen hat.“ Gedeon wehklagt: „Die Christen kämpfen jetzt ohne Institution, während der Judaismus über das westliche System hochgradig institutionalisiert auftritt.“