Ermittlungen der Bundesanwaltschaft
Erneute Festnahmen im Komplex „Knockout 51“
Seit August läuft vor dem Oberlandesgericht Jena der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der neonazistischen Gruppierung „Knockout 51“. Nach Durchsuchungen und einer Festnahme Ende November haben die Ermittler nun drei weitere Neonazis festgenommen – darunter den thüringischen „Die Heimat“-Landesvorsitzenden Patrick Wieschke.
Im Rahmen der Ermittlungen gegen die neonazistische Gruppierung „Knockout 51“ sind auf Antrag der Generalbundesanwaltschaft in Eisenach und Erfurt drei weitere Neonazis festgenommen worden, vier Objekte wurden durchsucht. Kevin N. und Marwin W. gelten der Strafverfolgungsbehörde als Mitglieder, Patrick Wieschke als Unterstützer von „Knockout 51“.
Anders als das Oberlandesgericht (OLG) Jena, wo momentan der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder stattfindet, geht die Behörde nicht nur von einem kriminellen Charakter aus, sondern stuft „Knockout 51“ auch als terroristische Vereinigung ein. N. soll die Gruppierung spätestens im März 2019 mitgegründet und als Rädelsführer fungiert haben. Der Generalbundesanwalt wirft ihm vor, Mitglieder und Anwärter von „Knockout 51“ geschult und „Kiezstreifen“ geleitet zu haben. Maßgeblich sei er daran beteiligt gewesen, Veranstaltungen der mittlerweile in „Die Heimat“ umbenannten NPD in ihrer Landeszentrale in Eisenach zu sichern. Auch bei potenziell tödlichen Angriffen auf vermeintlich politische Gegner soll N. eine gewichtige Rolle gespielt haben. Bei einer entsprechenden Aktion von „Knockout 51“ im September 2021 sollte er das Aufeinandertreffen absichern, bei Bedarf eingreifen und Unterstützung in der rechten Szene Erfurts anfordern.
Unterstützung bei Bau einer Schusswaffe?
Auch Marvin W. soll sich im März 2019 „Knockout 51“ angeschlossen und an Kampfsport- und Schießtrainings der Gruppe teilgenommen haben. Außerdem soll er dem Hauptangeklagten im laufenden Verfahren vor dem OLG Jena, Leon R., beim Bau einer Schusswaffe geholfen haben. Die Strafverfolgungsbehörde wirft ihm auch vor, mit N. einen tödlichen Angriff auf vermeintliche politische Gegner in Erfurt geplant zu haben.
Mit Messern, Machete und Axt bewaffnet, wollten Mitglieder von „Knockout 51“ eine Auseinandersetzung vor dem AJZ Erfurt provozieren, wo an diesem Abend ein Konzert stattfand. Ihr Ziel: Besucher*innen, die möglicherweise aus dem Gebäude kommen könnten, mit den Waffen angreifen. W. sollte sie mit dem Auto überfahren. Die beiden jetzt Festgenommen gehören zu zehn „gesondert Verfolgten“ in den Ermittlungen gegen „Knockout 51“. Ihre Verfahren wurden bei der Anklageerhebung gegen die Beschuldigten im Prozess, der seit August vor dem OLG Jena läuft, abgetrennt.
„Die Heimat“-Landeschef soll Gruppe unterstützt haben
Darunter befindet sich auch Patrick Wieschke, Landesvorsitzender der Mitte des Jahres in „Die Heimat“ umbenannten NPD in Thüringen. Ihm wirft die Strafverfolgungsbehörde Unterstützung von „Knockout 51“ vor. Er habe der Gruppierung ab Ende 2019 die Durchführung ihrer Kampfsporttrainings in der damaligen NPD-Landeszentrale in Eisenach ermöglicht und habe den Mitgliedern dort auch einen Raum als Waffenlager zur Verfügung gestellt. Außerdem habe er sich für die vier im April 2022 festgenommenen mutmaßlichen Mitglieder eingesetzt, indem er ihnen Rechtsbeistände aus der extrem rechten Szene vermittelt habe.
Beobachter*innen aus Eisenach und der Region hatten bereits lange auf Wieschkes Rolle in der Vernetzung von „Knockout 51“ und ihren Vorläufergruppen hingewiesen. Darin spielt auch die verniedlichend „Flieder Volkshaus“ genannte NPD-Landeszentrale in Eisenach eine zentrale Rolle. Das Gebäude war bereits bei den letzten Durchsuchungen vor rund 14 Tagen Ziel der Ermittler*innen. Dabei war es wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung von „Knockout 51“ zu Durchsuchungen bei zwölf Beschuldigten in Thüringen und Osthessen gekommen, ein 21-jähriger Neonazi aus Eisenach wurde festgenommen. Im Anschluss hatte sich Wieschke in den sozialen Medien über die Maßnahmen lustig gemacht. Offensichtlich verfrüht, denn nun wurde er dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt.