Erneut antiziganistischer Brandanschlag im Raum Ulm?
Nach dem Brand von drei Wohnwagen einer Zirkusgruppe bei Ulm geht der Landesverband Deutscher Sinti & Roma davon aus, dass es sich um einen erneuten antiziganistischen Brandanschlag in der Region handeln könnte. Unmittelbar zuvor berichtete ein regionaler TV-Sender, dass sich die Gruppe, zu der auch Sinti gehören, am Ortsrand von Weidenstetten niedergelassen hatte.
Am frühen Morgen des 19. März wurden in Weidenstetten im Alb-Donau-Kreis unweit von Ulm drei Wohnwagen einer Zirkustruppe, zu der auch Sinti gehören, durch einen Brand zerstört. Dabei kamen zwei junge Männer beinahe ums Leben. Das berichtet der Landesverband Baden-Württemberg Deutscher Sinti & Roma (VDSR-BW) am Freitag in einer Mitteilung an die Presse. Ein antiziganistischer Brandanschlag mit dem Ziel der Vertreibung könne nicht ausgeschlossen werden. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen und einen Brandmittelspürhund eingesetzt, möchte das gegenüber dem „blick nach rechts“ aber nicht vor kommender Woche und erst „in Absprache mit der Staatsanwaltschaft“ kommentieren.
Betroffene sprechen von Drohung durch Bürgermeister
Laut VDSR-BW, der in Kontakt mit den Betroffenen stehe und ihnen bürgerrechtliche Beratung und Rechtsschutz angeboten habe, berichteten diese auch, der Bürgermeister habe dem Zirkus angedroht, dass seine Wagen in Flammen aufgehen könnten, wenn er nicht weiterziehen würde. Der Ortschef weist den Vorwurf von sich.
Der Zirkus musste sich vor 15 Monaten aufgrund der Corona-Pandemie, die Aufführungen unmöglich machte, am Ortsrand von Weidenstetten niederlassen. Darüber berichtete ein regionaler TV-Sender unmittelbar vor dem Brand. Die Betroffenen sollen sich noch in letzter Sekunde aus den brennenden Wagen gerettet haben können und hätten alles verloren, was sie besitzen. Der Wohnwagen eines weiteren Mitglieds des Zirkus sei größtenteils abgebrannt. Zwei in der Nähe stehende Wohnwagen wurden ebenfalls durch die Hitze beschädigt, berichtet die Polizei.
Solidarität aus der Bevölkerung
Nach dem jüngsten Brand in Weidenstetten kam es zu Solidaritätsbekundungen aus der lokalen Bevölkerung, so der VDSR-BW. Demnach fand eine Spendensammlung statt, ein Ulmer Hotel stellte eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung und neue Wohnwagen wurden gespendet. Der Landesverband Deutscher Sinti & Roma setzte den Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus, Michael Blume, von dem möglichen antiziganistischen Anschlag in Kenntnis. Für eine Einschätzung war dieser allerdings nicht zu erreichen.
„Sollte sich der Verdacht eines antiziganistischen Brandanschlags erhärten“, so Daniel Strauß als Vorstandsvorsitzender des VDSR-BW, „würden Erinnerungen an den Anschlag im Mai 2019 auf eine Roma-Familie in dieser Region geweckt.“ Nach diesem Anschlag verurteilte das Landgericht Ulm die fünf Täter im September 2020 wegen Vertreibung beziehungsweise gemeinschaftlicher Nötigung in 45 Fällen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen versuchten Mordes gefordert.