„Die Heimat“ statt NPD: Auferstanden aus Ruinen…

Die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands, die NPD, hat sich am Samstag auf einem Parteitag im sächsischen Riesa in „Die Heimat“ umbenannt. Schon zuvor hatte die Partei mitgeteilt, das Treffen stehe unter dem programmatischen Titel „Wir sind die Heimat“.

Sonntag, 04. Juni 2023
Michael Klarmann
NPD: Umbenennung in der Hoffnung auf bessere Zeiten
NPD: Umbenennung in der Hoffnung auf bessere Zeiten

Schon länger wollte die NPD sich umbenennen. Der neue Namen „Die Heimat“ respektive „Heimat“ kursierte dabei ebenso schon einige Zeit in Parteikreisen. Auf dem Parteitag am Samstag wurde die Umbenennung nun vollzogen. Von 171 Delegierten waren Parteikreisen zufolge 131 Delegierte für die Umbenennung, 40 stimmten demnach dagegen. Damit wurde die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit (77 Prozent der Delegierten) für die entsprechende Satzungsänderung erreicht.

Bei einem Parteitag in Hessen war die Umbenennung vor rund einem Jahr noch knapp gescheitert. Dass die Parteispitze sich nun ihrer Sache sicher war, zeigte schon das Banner hinter der Bühne mit dem davor schon verbreiteten neuen Logo und dem Hinweis, man sei die „Heimat“. Präsentiert wurden auf dem Parteitag ebenso Entwürfe für neues Werbematerial. Nur wenige Minuten nach der Abstimmung wurden unter anderem der Telegram-Kanal der NPD in „Die Heimat“ umbenannt, jener der NPD-NRW änderte seinen Namen in „HEIMAT-NRW“.

Schon während Corona verzichtete die NPD oft auf ihr Logo auf Bannern - jetzt soll ein neuer Name helfen. Foto: Corona-Demo Leipzig
Schon während Corona verzichtete die NPD oft auf ihr Logo auf Bannern - jetzt soll ein neuer Name helfen. Foto: Corona-Demo Leipzig

„Freiheit, Identität, Werte“

Im Vorfeld des Parteitages hatte der NPD-Bundesvorstand ein neues Strategiekonzept vorgelegt. Man wolle die „politische Schlagkräftigkeit“ verbessern, hieß es in einer Pressemitteilung. In dem Schreiben wurde das Konzept, dass zuvor immer wieder diskutiert worden war, skizziert: „Wir wollen mit unserer Organisation vor allem Netzwerker und Förderer im Widerstand gegen die herrschenden Zustände [und] Teil einer wachsenden Anti-Parteienbewegung“ sein. 

In welche Richtung der NPD-Relaunch gehen soll, machten in Riesa auch neue Werbematerialien und Slogans deutlich. Man trete nun ein für „Freiheit, Identität, Werte“, für „Souveränität, Heimat, Tradition“ und für „Geschichte, Zukunft, Freiheit“. Die Auferstehung aus Ruinen findet also statt in einer Mischung aus „Identitärer Bewegung“ (IB) und „freiheitlicher“ Politik im Sinne der FPÖ. Hinzu kommen Kooperationen im „vorpolitischen Raum“ nach dem neurechten Prinzip der „Mosaik-Rechten“. Dessen ungeachtet erfolgten am Samstag vor der Entscheidung erneut kontroverse Debatten zwischen Traditionalisten und „Modernisierern“.

Banner zur Kampagne für ein Verbot der NPD (Archiv)
Banner zur Kampagne für ein Verbot der NPD (Archiv)

Von den Wahlerfolgen zum „Irrtum NPD“

Die Nationaldemokratische Partei Deutschland wurde 1964 in Westdeutschland gegründet. Zunächst konnte die NPD Wahlerfolge verzeichnen und gehörte bis Mitte der 1970er Jahre mehreren Landesparlamenten der alten Bundesrepublik an. Später verlor sie an Bedeutung. Nach der Wiedervereinigung erzielte sie insbesondere in Ostdeutschland wieder Wahlerfolge und wurde in Landtage sowie bundesweit auch in kommunale Vertretungen gewählt. Hinzu kam der Namenszusatz „NPD – Die soziale Heimatpartei“. Seit einigen Jahren gilt die NPD jedoch als marginalisiert. In seinem Buch „Irrtum NPD“ attestierte der frühere Bundeschef Holger Apfel der Partei im Jahr 2017 einen völlig desolaten Zustand.

Ein erstes NPD-Verbotsverfahren scheiterte 2003 daran, dass die Partei mit V-Leuten durchsetzt war. In einem neu angestoßenen Verbotsverfahren stellte das Bundesverfassungsgericht im Januar 2017 zwar fest, dass die NPD eindeutig verfassungsfeindlich und wesensverwandt mit dem historischen Nationalsozialismus sei. Gleichwohl sei die Partei bedeutungslos geworden, so dass ein Verbotsgrund nicht wirklich vorliege. Die NPD sei so geschwächt, dass sie keine nennenswerte Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat darstelle. Gleichwohl soll die NPD staatlichen Mittel aus der Parteienfinanzierung verlieren. Das Bundesverfassungsgericht will darüber Anfang Juli verhandeln.

Vaterland alias Heimat

Schon im Frühjahr 2022 wollten eine Mehrheit der Kader und Parteichef Franz die NPD umbenennen. Die Abstimmung auf einem Parteitag im hessischen Altenstadt über eine Satzungsänderung scheitere jedoch knapp. Dennoch wurde an diesem Vorhaben festgehalten. Zuvor hatte die Parteijungend noch getönt, sie werde sich von der Mutterpartei lösen, sollte die NPD an ihren festgefahrenen Strukturen und dem Namen festhalten. Bald darauf lenkten die „Jungen Nationalisten“ (JN) ein und hofften, dass die Umbenennung „final“ doch noch erfolge.

Später organisierte die NPD und deren Parteiorgan „Deutsche Stimme“ (DS) „Netzwerktage“, den ersten davon in Eisenach. Dieser wollte sich gegen die „Zersplitterung“ der „nationalen, heimattreuen und patriotischen Kräfte“ richten. So folgten NPD und DS seit September 2022 auch mit nachfolgenden Netzwerktreffen ihrer neuen Strategie. Man sei „Netzwerker, Dienstleister, punktueller Bündnispartner und regionaler Motor von Bürgerprotesten und regierungskritischen Initiativen“, hieß es dazu.

Ausschluss des Bundesvorsitzenden

Anfang 2023 traten in Nordrhein-Westfalen Mitglieder der „Die Rechte“ (DR) in die NPD ein. In Dortmund gründeten sie einen neuen NPD-Kreisverband, der sich nur noch „Heimat Dortmund“ nannte. Auch andere Gliederungen benannten sich um oder schmückten sich schon mit dem Zusatz „Heimat“. Realsatirisch wurde es in einem deswegen schwelende Machtkampf vor einigen Tagen erst.

Die NPD im Saarland teilte mit, dass ihr Parteigericht den Bundesvorsitzenden aus der Partei ausgeschlossen habe. Die Traditionalisten warfen Franz wegen der Netzwerkarbeit und Kooperationen parteischädigendes Verhalten vor. In einer Pressemitteilung von Samstag wurde Parteichef Frank Franz indes zitiert mit den Worten, nach der Umbenennung folge nun auch eine „strategische Weiterentwicklung“. Man werde „eine Sammlungsbewegung für alle schaffen, die ihre Heimat behalten wollen, die nicht nur meckern, sondern aktiv werden wollen.“ Man wolle am „Netzwerk für die Heimat […] mitwirken.“

Kandidatur bei der Europawahl 2024

Am heutigen Sonntag soll in Riesa ein Folgeparteitag stattfinden. Auf diesem will die Bundesvertreterversammlung die Aufstellung einer Liste für die Europawahl im Jahr 2024 bewerkstelligen. Die nunmehr Ex-NPD will hierbei mit neuem Namen also wieder punkten können.

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