Rezension
Die AfD und ihr Gefahrenpotential
Die AfD wird in einem neuen journalistischen Buch thematisiert: „Angriff auf Deutschland“ von Michael Kraske und Dirk Laabs. Eine bedenkliche Entwicklung wird anhand vieler einzelner Fakten veranschaulicht.
Wie würde ein von der AfD regiertes Deutschland aussehen und wie strebt die Partei dieses Ziel an? Antworten auf diese Fragen wollen Michael Kraske und Dirk Laabs geben. Ihr Buch dazu ist „Angriff auf Deutschland. Die schleichende Machtergreifung der AfD“ überschrieben. Beide Autoren sind bekannte Journalisten, nicht nur Preise für ihre Recherchen stehen dafür. Das erste gemeinsame Buch springt ohne Einleitung gleich in den Stoff, was bei einem Einstieg auch und gerade in ein Sachbuch etwas irritiert.
Gleiches gilt für die Aufteilung in drei doch unterschiedlich große Kapitel: „Akute Gefahr für Deutschland – warum die AfD gestoppt werden muss“ hat über 250 Seiten und elf Unterkapitel, „AfD-Verbot – warum ein Verfahren notwendig und möglich ist“ hat 20 Seiten und zwei Unterkapitel und „Demokratische Lösungen – es zählt jeder Tag!“ hat 30 Seiten und zehn Unterkapitel. Da stimmt etwas in der inhaltlichen Gewichtung nicht, würde man bei einem wissenschaftlichen Text kommentieren. Aber zunächst einmal mehr zum Inhalt:
„Akute Gefahr für Deutschland“
Der erste und längste Abschnitt geht auf unterschiedliche Entwicklungen der Partei ein, wobei die Autoren thematisch mit den jeweiligen Unterkapiteln hin und her springen. So kann aber auch jeder Abschnitt unabhängig voneinander gelesen werden, je nach inhaltlichem und subjektivem Interesse. Am Beginn steht der „Geheimplan“, den das „Correctiv“ öffentlich bekannt machte, indessen ergänzt um einschlägige Belege etwa aus dem Buch von Björn Höcke. Danach stehen unterschiedliche Aspekte im Zentrum:
Mal sind Gewalthandlungen von Mitgliedern und Politikern ein Thema, mal geht es um Kooperationen mit Neonazis und Reichsbürgern, mal werden Fake News und TikTok-Hits thematisiert, mal geht es um einschlägige Polizisten, Richter und Soldaten. Als Einschätzung wird formuliert: „Herzstück der Pläne für ein neues altes Deutschland ist für die AfD ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftsmodell. … Zentral ist dafür die Vorstellung einer auf Abstammung beruhenden ethnisch und/oder kulturellen Homogenität“.
Ein Muster, keine Zufälle
Diese Einschätzung ergibt sich eher aus der Gesamtschau, sie wird nicht über eine gesonderte Erörterung in einem systematischen Sinne vermittelt. Jedes der einzelnen Kapitel listet einschlägige Vorkommnisse auf, meist sind sie bei aufmerksamer Lektüre der Tageszeitung lange schon bekannt. Die Auflistung vieler Fälle veranschaulicht aber auch, dass es sich um ein Muster und nicht Zufälle handelt. Durchgängig neigen die Autoren dazu, deutliche Warnungen auszusprechen.
Dies geschieht durchaus mit Berechtigung angesichts der gegenwärtigen Entwicklung, allerdings hätten sie sich auch an ihren eigenen späteren Rat „Ruhe bewahren und Nerven behalten!“ halten können. Ihr zweites Kapitel geht auf die Frage eines möglichen Parteiverbots ein. Ein Befürworter (Marco Wanderwitz) und ein Kritiker (Albrecht von Lucke) kommen zu Wort. Eine genauere und systematische Auseinandersetzung mit den Gründen für und gegen einen solches Vorgehen findet aber nur ansatzweise statt.
Als Einstieg empfehlenswert, mehr Struktur wünschenswert
Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit Gegenstrategien, wobei auch wichtige Einsichten vorgetragen werden, etwa: „Die Versuchung der Konservativen – Standhaft bleiben!“ oder „Zusammenhalten! Die gesamte Zivilgesellschaft ist gefragt“. Es gibt aber auch ein paar Allgemeinplätze zu viel: „Mehr Mut wagen! … Mehr Ehrlichkeit in der Politik!“. Bilanzierend betrachtet kann das Buch je nach Erwartungshaltung unterschiedlich bewertet werden: Für eine ersten Einstieg ist es empfehlenswert, weil viele Fakten präsentiert werden.
Nicht immer geht damit eine adäquate Analyse einher, es handelt sich aber um ein journalistisches Buch. Für die Kenner der Materie gibt es eher wenig Neues. Der ausführlichste erste Abschnitt hätte besser strukturiert werden können, so wirkt es eher wie eine bloße Sammlung. Dort findet man aber auch Aussagen, die stärker öffentlich Thema sein könnten. Dazu gehört „Wie AfD-Politiker Deutschland verraten und verkaufen“, denn für das demokratische Deutschland stünde die Partei eben gerade nicht.
Michael Kraske/Dirk Laabs, Angriff auf Deutschland. Die schleichende Machtergreifung der AfD, München 2024 (C. H. Beck-Verlag), 350 S., 18 Euro