Magdeburg
Die AfD hat für die Europawahlen 2024 einen Spitzenkandidaten: Maximilian Krah
Die AfD wählte für die Europawahlen 2024 einen Spitzenkandidaten: Maximilian Krah. Er hält die AfD für „rechter“ als sie jemals war, wobei das als zustimmende Aussage gemeint ist. Aufgrund seiner Auffassungen und seines Gehabes gilt Krah in der Partei als umstritten, zählt aber zum immer dominanter werdenden „Flügel“ um Björn Höcke.
In Parteien stehen Personalentscheidungen auch für Richtungsentscheidungen. Bei der AfD gibt es offenbar nur noch eine Richtung. Dies macht erneut die Entscheidung über den Spitzenkandidaten deutlich, der bei den Europawahlen 2024 für die Partei antreten soll. Bei der Abstimmung am 29. Juli gab es dazu ein klares Resultat: Der als Favorit gehandelte Maximilian Krah erhielt 65,7 Prozent der Stimmen, sein weniger bekannter Konkurrenzkandidat Andreas Otti brachte es auf 25,2 Prozent. Für ein gegen Beide gerichtetes „Nein“ entschieden sich 9,1 Prozent der Stimmberechtigten.
Damit steht ein Anhänger des Höcke-Lagers in der Partei auch hier an der Spitze. Mittlerweile lösen solche Personalentscheidungen keine Verwunderung mehr aus, denn die einschlägigen Auffassungen sind bereits seit den letzten Jahren mehrheitsfähig. Trotz dieses Ergebnisses gilt Krah in der Partei als umstritten, was aber weniger mit politischen Auffassungen zu tun hat. Bedenken löste er auch durch sein arrogantes Gehabe, dubiose Kontakte und mangende Loyalitäten aus. Ein kurzer Blick auf das politische Leben und Wirken veranschaulicht dies:
Von der CDU zur AfD
Der 1977 Geborene studierte Jura, wurde in dem Fach promoviert und arbeitet seit 2005 als Rechtsanwalt. Sein berufliches Engagement galt fortan auch ungewöhnlichen Fällen. Man darf Anwälte nicht mit ihren Mandanten gleichsetzen, wenn aber immer wieder bestimmte Konstellationen auszumachen sind, können sie sich nicht durch bloße Zufälle erklären. So betätigte sich Krah zugunsten eines ehemaligen Bischofs, der den Holocaust geleugnet hatte, von Männern, die eigenmächtig einen Flüchtling fesselten, oder eines Pegida-Aktivisten, der durch pöbelndes Agieren aufgefallen war.
Beachtenswert ist die parteipolitische Entwicklung von Krah: Bereits 1996 war er der CDU beigetreten und engagierte sich dort auf unterschiedlichen Ebenen, war also nicht nur ein passives Mitglied. 2016 erfolgte der Bruch mit der CDU und dem nur wenige Monate später ein neuer Parteieintritt. In der AfD wurde Krah ein neues Mitglied und stieg gar bis zum stellvertretenden Landesvorsitzenden Sachsen in nur kurzer Zeit auf. Er kandidierte für die AfD 2019 erfolgreich für das Europaparlament und hatte ebendort verschiedene Funktionen für seine Partei inne.
Rhetorisches Geschick und persönliche Unbeherrschtheit
Die Benennung persönlicher Charaktereigenschaften ist eigentlich bei politisch Handelnden verpönt, gleichwohl erklären sie gelegentlich mit deren politisches Image oder organisatorische Verankerung. Dass Bescheidenheit zu einer besonderen Charaktertugend von Krah gehört, dürften wohl selbst seine persönlichen und politischen Freunde nicht von ihm behaupten. Er besitzt darüber hinaus rhetorisches Geschick und ist auch zur freien Rede fähig, wobei ihm auch der Eindruck von Sachkunde gelingt.
Dabei vergreift sich Krah nicht selten im Ton, etwa wenn bei der Ablehnung von Geschlechtergerechtigkeit die Taliban gelobt werden. Hinzu kommen diverse Alleingänge selbst gegen die eigene Fraktion „Identität und Demokratie“ im europäischen Parlament, was dann bereits in zwei Fällen zu seiner Suspendierung führte. Einmal hatte er sich nicht für Marine Le Pen im französischen Präsidentschaftswahlkampf 2022, sondern für ihren noch weiter rechts stehenden Konkurrenten Éric Zemmour ausgesprochen. Einmal wurde ihm bei einem Auftrag für ein PR-Projekt vorgeworfen, Manipulationen bei der Vergabe vorgenommen zu haben.
Spöttisch gegen die „Fetischisierung des Grundgesetzes“
Aber auch die politischen Auffassungen von Krah sind recht eindeutig, sie finden sich in dem Buch „Politik von rechts – ein Manifest“ niedergelegt, was später noch bei einer kritischen Betrachtung gesondert ein Gegenstand sein wird. Für die CDU als seiner alten Partei bringt er kein Verständnis mehr auf. Er setzt sie hinsichtlich der Feinderklärung mit den Grünen gleich. Die AfD soll auch nicht konservativ, sondern rechts sein. Anpassungen an das Etablierte werden abgelehnt, er spricht gar spöttisch von einer „Fetischisierung des Grundgesetzes“. Demgegenüber erfolgt ein Beschwören des „Deutschseins“ in Reden und Videos, diffuse Gemeinsamkeiten wie etwa die deutschen Märchen sind dabei zentrale Themen.
Gleichwohl kommen solche Ausführungen bei Parteitagen an, wie die mit seiner Kandidatur verbundene Rede veranschaulichte. Außenpolitisch will er auf China und Russland zugehen und sich von den USA abwenden. Abkehr von einer Demokratie, Diktaturen als neue Partner wäre dann die Orientierung. Diese außenpolitische Ausrichtung steht auch für eine innenpolitische Positionierung, die sich gegen die ideellen Werte des politischen Westens richten.
Indiz für innerparteiliches Kräfteverhältnis
All dies begründet die einleitend erwähnte Aussage zu Krah, wonach sich in der Personalentscheidung auch eine Richtungsentscheidung artikuliert. Auffällig war das Fehlen eines ernsthaften Konkurrenzkandidaten, der hier von Andersdenkenden wohl erhoffte Norbert Kleinwächter trat erst gar nicht an. Dies darf auch als bedeutsames Indiz für die innerparteilichen Kräfteverhältnisse gelten. Krah gibt sich als souveräner Macher und wirkungsvoller Redner.
Gleichwohl ist er durch sein Gehabe in der Partei nicht unumstritten, hat aber in Björn Höcke ebendort eine starke Stütze. Diese Gegebenheiten erklären mit das öffentliche Schweigen von manchen Skeptikern, wozu in der Parteispitze auch Alice Weidel zählen soll. Dabei dürfte eher das persönliche Agieren und weniger die politische Positionierung solche Vorbehalte erklären. Die fehlende Bescheidenheit bei Krah geht auch mit einer Unberechenbarkeit einher, wofür die von der Eurofraktion erfolgten zeitweisen Suspendierungen stehen. Beteiligungen an dubiosen millionenschweren Finanztranskationen deuten auch mögliche Skandale mit nicht nur politischen Zusammenhängen an.