30 Jahre
Der Brandanschlag von Mölln
Am 23. November jähren sich zum 30. Mal die Brandanschläge auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Mölln.

Anfang der 90er Jahre erschütterte eine rassistische Gewaltwelle die Bundesrepublik Deutschland. Höhepunkte bildeten die tagelangen Ausschreitungen im September 1991 im sächsischen Hoyerswerda und das Pogrom im August 1992 in Rostock‐Lichtenhagen, gefolgt von den rechtsextrem motivierten Brandanschlägen am 23. November 1992 in Mölln. Allein 1991 wurden mehr als 330 Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte verübt.
Geschichte kann sich nicht wiederholen, allerdings gibt es Parallelen. So wurden in den ersten drei Quartalen 2022 bundesweit 65 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte verübt. Das waren fast so viele wie im Vorjahr 2021. Bislang ungeklärt ist der mutmaßliche Brandanschlag auf die geplante Flüchtlingsunterkunft „Spreehotel Bautzen“ am 28. Oktober. Wenige Tage zuvor musste sich ein 42-Jähriger vor dem Landgericht Landshut wegen eines Brandanschlags auf eine Flüchtlingsunterkunft im bayerischen Simbach am Inn in der Nacht auf den 16. Oktober 2021 verantworten.
Täter in Neonazi-Organisationen aktiv
Der Täter wurde zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während der rechte Terror wieder entflammt, endete das Leben von Mevlüde Genç. Das „Vorbild der Versöhnung“ starb im Alter von 79 Jahren fast 30 Jahre nach einem Terroranschlag auf ihre Familie in der Unteren Wernerstraße 81 in Solingen. Neonazis warfen im Mai 1993 Brandsätze in das Haus der Familie Genç. Im Haus starben fünf Frauen und Kinder: Gülüstan Öztürk (12) und Gürsün Ince (27) sowie Saime Genc (4), Hülya Genc (9) und Hatice Genc (18).
Bei den Anschlägen in Mölln in der Nacht des 23. November 1992 schleuderten die Neonazis Michael Peters (damals 25), zeitweilig NPD-Mitglied, und Lars Christiansen (19), Anhänger der 1995 wegen Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verbotenen Neonazi-Truppe „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), zwei Brandsätze in ein von sechs türkischen Familien bewohntes Haus. Bei dem Anschlag wurden mehrere Menschen schwer verletzt.
Mehrjährige Haftstrafen
Als das Haus in Flammen stand, riefen die Neonazis bei der Polizei an und brüsteten sich mit den Worten: „In der Ratzeburger Straße brennt es. Heil Hitler!“ Vom Tatort aus brausten die Neonazis weiter zur Mühlenstraße 9, dem Wohnhaus der Familie Arslan. Dort gossen sie Benzin in den Hausflur und warfen zwei brennende Molotow-Cocktails. Bei dem Anschlag wurden drei Mitglieder der Familie Arslan, Bahide (51), Ayşe (14), Yelz (10) getötet, und neun zum Teil schwer verletzt. Erneut riefen die Neonazis bei der Polizei an meldeten: „In der Mühlenstraße brennt es. Heil Hitler!“
Vor den mörderischen Brandanschlägen waren Peters und Christiansen bereits einschlägig aufgefallen. Am 5. September 1992 zogen sie mit 30 anderen Vermummten zum Asylbewerberheim in Pritzier im Kreis Hagenow (Mecklenburg-Vorpommern) und wollten es stürmen. Weil aber zu viel Polizei vor Ort war, schleuderten sie zwei Brandsätze in Richtung der Beamten.
Am 8. November 1993 erklärte der Strafsenat am Oberlandesgericht Schleswig Peters und Christiansen des dreifachen Mordes, des 39-fachen Mordversuchs und der besonders schweren Brandstiftung für schuldig. Peters wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, Christiansen zehn Jahre Jugendstrafe, er wurde im Juni 2000 nach siebeneinhalb Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. Peters kam im November 2007 frei. Die Täter leben heute mit neuen Identitäten.