Braune Wegweisung zur Lebensführung
In diesen Tagen wird zu einem Seminar der rechten Szene eingeladen, für das bereits ein illustrer Teilnehmerkreis angekündigt wird. Die Losung für die Zusammenkunft lautet „Rechte Lebensführung: Zwischen Hedonismus und Askese“.
Animiert wird zu einer raschen Anmeldung, weil wegen Corona nur eine begrenzte Teilnehmer*innenzahl behördlich erlaubt sei. Sogar zwei Werbeclips über YouTube wurden für das Meeting vom 8. bis 10. Oktober erstellt. Der genaue Veranstaltungsort wird dabei nicht preisgegeben. Als Organisator fungiert dabei die Gruppierung „WiR Heilbronn“ um den Steuerberater Michael Dangel.
DJ mit stramm rechter Vita
Der Diplomkaufmann ist seit vielen Jahren mit seiner kommunalpolitischen Wählervereinigung aktiv. Dazu zählen nicht nur regelmäßige Stammtisch-Termine, sondern auch Vortragsveranstaltungen wie etwa mit Tomislav Sunic oder Sonnhild Sawallisch („Hohenlohe wacht auf“, Tochter der „Bund für Gotterkenntnis“-Vorsitzenden Gudrun Klink und Nachfolgerin beim antisemitischen und völkischen Lühe-Verlag nach dem Tod von „Lühe“-Chef Harm Menkens).
Dangels rechte Gesinnung ließ ihn bei den Republikanern und der DVU hineinschnuppern. In den 90er Jahren gründete er Gruppierungen mit den vermeintlich unverfänglichen Namen „Forum 90“ bzw. „Freiheitliche Initiative Heilbronn“, allerdings stets mit Nähe zur NPD. Zu diesem Zeitpunkt hat es bereits konspirative „Keller 38“-Partys mit dem Who is Who der rechten Szene in Heilbronn gegeben. Mittendrin: Michael Dangel. Er gab manchmal den DJ, legte Rechtsrock auf, zwischendurch unterbrochen durch abgespielte Redepassagen von Hitler und Goebbels. So geht es zumindest aus protokollierten Aussagen von beteiligten V-Leuten hervor.
Enge Verbindungen in den Raum Jena
Ebenfalls gehört zu Dangels Vita seine Rolle als Sprecher der Rechtsaußen-Burschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg. Ab und zu verfasste er Texte für die „National-Zeitung“. Seine einschlägigen Kontakte in die Region Jena fielen nach dem Auffliegen der NSU-Terrorzelle auch der interessierten Öffentlichkeit auf, sodass er 2017 zur Aussage in den baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschuss geladen wurde. Dort zur Sprache kamen Dangels vielfältige Verbindungen, ohne allerdings neue Erkenntnisgewinne in Sachen NSU an den Tag zu bringen.
Besonders aufhorchen lässt auf der Teilnehmer*innen-Liste für das beinahe philosophisch daher kommende Oktober-Treffen ein Name: Nicole Schneiders. Die Strafverteidigerin der rechten Szene kennt Dangel von besagten konspirativen Partys. Sie war Im NSU-Prozess die Anwältin vom rechtskräftig verurteilten Terrorhelfer Ralf Wohlleben. Außerdem auf der namentlich beworbenen Szene-Prominenz zu finden: Der Blogger („Der dritte Blickwinkel“), Rechtsrockmusiker („Stahlgewitter“) und Versandhändler („Sonnenkreuz“) Frank Kraemer, der Betreiber des Neonazi-Senders „FSN“ und Versandhändler (u.a. „Ansgar Aryan“) Patrick Schröder, der in Kreisen der Identitären Bewegung gehypte YouTuber Christian „Outdoor“ Illner und der umtriebige Hammerskin und Rechtsrock-Netzwerker Malte Redeker.
„Straight Edge“ auf der Tagesordnung
Im Vorstellungs-Videoteaser werden durch den vor vielen Jahren schon in rechten Skinheadkreisen aktiven Dangel höchstpersönlich von allen „Promis“ Fotos eingeblendet, nur beim eher öffentlichkeitsscheuen Redeker nicht. Für ihn muss eine Aufnahme mit dem Logo der Kampfsportreihe „Kampf der Nibelungen“ herhalten, in der Redeker zuletzt als Helfer, Strippenzieher und Kampfrichter aktiv war. Bemerkenswert an der „Promi“-Zusammenstellung: Gezielt werden unterschiedliche Strömungen, Interessen- und Aufgabenfelder zusammengeführt.
Laut Dangel soll es bei dem von ihm auch voller Größenwahn als „Thing der Titanen“ propagierten Event am zweiten Oktober-Wochenende inhaltlich auch um die gesunde Straight Edge-Lebensführung gehen, die sich im rechten Kampfsportmilieu als mittlerweile feste Größe etabliert hat. Berappen müssen Interessent*innen für die Teilnahme 20 Euro.