Anklage gegen Neonazi-Führer Thorsten Heise

Einem der umtriebigsten Neonazis in Deutschland droht nach vielen Jahren wieder einmal ein Strafprozess: Die Staatsanwaltschaft in Mühlhausen hat Thorsten Heise wegen Hakenkreuzen auf seinem Anwesen in Fretterode angeklagt.

Mittwoch, 23. Februar 2022
Joachim F. Tornau
Auf NPD-Bundesvize Thorsten Heise kommt womöglich der nächste Prozess zu.
Auf NPD-Bundesvize Thorsten Heise kommt womöglich der nächste Prozess zu.

Es wäre das erste Mal seit mehr als zehn Jahren, dass sich Thorsten Heise wieder vor einem Gericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft in Mühlhausen wirft dem NPD-Bundesvize und rechtsextremen Multiaktivisten die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor. Es geht um Hakenkreuze, die der 51-Jährige an einem Neubau auf seinem Anwesen in dem thüringischen Dorf Fretterode angebracht hat.

In den steinernen Türsturz des pseudohistorischen Fachwerktürmchens, das der 51-Jährige neben dem von ihm bewohnten ehemaligen Gutshaus errichten ließ, sind deutlich sichtbar vier Hakenkreuze eingemeißelt. Obwohl ihre Form etwas geschwungener ist als das nationalsozialistische Originalsymbol, ist die Staatsanwaltschaft von der Strafbarkeit überzeugt und hat deshalb jetzt Anklage erhoben.

Strafanzeige von Katharina König-Preuss

Das neue Gebäude steht bereits seit dem Jahr 2020. Die Behörden wurden aber erst aktiv, nachdem die thüringische Linken-Politikerin Katharina König-Preuss Ende vergangenen Jahres Anzeige erstattet hatte. Die Anklage sei „ein gutes Zeichen“, sagte die Landtagsabgeordnete am Mittwoch. Dass die Hakenkreuze so lange geduldet worden seien, sei für sie aber immer noch unglaublich. „Dass sich einer der bekanntesten militanten Neonazis Deutschlands, der regelmäßig von der Polizei Besuch erhält, so sicher fühlen kann, dass er öffentlich Hakenkreuze in seinem Garten präsentiert, ist mehr als besorgniserregend.“

König-Preuss hatte die Symbole bemerkt, als im sogenannten Fretterode-Prozess ein Ortstermin am Heise’schen Anwesen stattfand. In dem Prozess, der seit einem halben Jahr vor dem Landgericht Mühlhausen geführt wird, müssen sich die Neonazis Nordulf H. und Gianluca B. – der eine Heises Sohn, der andere so etwas wie sein politischer Ziehsohn – wegen eines brutalen Angriffs auf zwei antifaschistische Journalisten verantworten.

Ein Dutzend Verurteilungen

Wenn das Amtsgericht in Heiligenstadt die Anklage gegen Thorsten Heise zulässt, muss der einflussreiche Neonazi-Führer zum ersten Mal seit 2009 wieder vor Gericht. Damals war er wegen der Produktion volksverhetzender CDs verurteilt worden, es war die zwölfte einschlägige Verurteilung seines Lebens. Wie fast immer kam er jedoch mit einer Bewährungsstrafe davon. Seine letzte Gefängnisstrafe – verhängt wegen eines Angriffs auf Polizeibeamte – hat Heise bereits vor 20 Jahren abgesessen.

Seitdem tritt der gebürtige Göttinger und Wahl-Thüringer vor allem als Strippenzieher und Bewegungsunternehmer auf. Als „Tausendsassa im braunen Netz“ betitelte ihn eine Broschüre der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen. Der einstige Führungsfunktionär der 1995 verbotenen FAP, einer offen nationalsozialistischen Kleinstpartei, gehört dem Bundesvorstand der NPD an und ist ihr Landesvorsitzender in Thüringen. Er führt die „Arische Bruderschaft“, eine überregional organisierte Neonazi-Kameradschaft, produziert rechtsextreme Musik und organisiert Szene-Events wie das „Schild und Schwert“-Festival im sächsischen Ostritz. Außerdem betätigt sich der auch international hervorragend vernetzte Neonazi erfolgreich als brauner Versandhändler und Verleger.

Sonnenkreuz an Garage

Die Hakenkreuze auf dem Türsturz sind nicht seine erste Provokation in Fretterode. Im Jahr 2006 baute er auf seinem Grundstück ein SS-Ehrenmal wieder auf, das im rheinland-pfälzischen Marienfels zerstört worden war. Und an seiner Garage prangte anfangs ein riesiges Sonnenkreuz: Das von einem Kreis umgebene Kreuz ist bei Rechtsextremen als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz beliebt. Mittlerweile hat Heise es jedoch übertünchen lassen.

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